Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Die richtige Motorradversicherung ist keine Frage der tiefsten Prämie, sondern eine strategische Entscheidung zur Vermeidung katastrophaler Deckungslücken.

  • Die obligatorische Haftpflicht deckt bei einem Selbstunfall nur Schäden an Dritten, nicht aber Ihre eigenen Kosten für Bergung, Reparatur oder Spital.
  • Nicht gemeldete Umbauten können zu einer massiven Unterversicherung führen, bei der Sie im Schadenfall auf Zehntausenden von Franken sitzen bleiben.
  • Eine pauschale Kasko-Wahl nach Fahrzeugalter ist riskant; die Deckung muss zu Ihrem persönlichen Risikoprofil und Ihrer Nutzung passen.

Empfehlung: Führen Sie eine detaillierte Analyse Ihres persönlichen Fahrprofils und des Fahrzeugwerts durch, um gezielt die finanziellen Fallen zu schliessen, die eine Standard-Police offenlässt.

Die Freiheit auf zwei Rädern, das Panorama der Schweizer Alpenpässe vor dem Visier – das ist für viele Motorradfahrer der Inbegriff von Lebensqualität. In diesem Gefühl der Unbeschwertheit geht oft unter, dass jede Fahrt auch ein finanzielles Risiko birgt. Viele Biker wiegen sich in falscher Sicherheit, weil sie die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Sie folgen dem gängigen Rat, dass eine Vollkasko nur für neue Maschinen und eine Teilkasko für ältere Modelle sinnvoll sei.

Doch was, wenn dieser Ansatz eine gefährliche Falle ist? Was, wenn die wahre Gefahr nicht in einem Unfall mit einem anderen Fahrzeug liegt, sondern in den unzähligen Szenarien, die eine reine Haftpflichtversicherung gar nicht abdeckt? Die entscheidende Frage ist nicht, wie viel Sie für Ihre Prämie bezahlen, sondern welche unkalkulierbaren Kosten durch eine übersehene Deckungslücke auf Sie zukommen können. Das Risiko eines finanziellen Totalschadens ist oft grösser als der materielle Schaden am Motorrad selbst.

Dieser Ratgeber ist keine weitere Prämienvergleichsliste. Er ist eine Risikoanalyse für Schweizer Motorradbesitzer. Wir decken die kostspieligsten Irrtümer auf und zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Versicherung nicht als Kostenfaktor, sondern als strategisches Instrument zur Absicherung Ihres Vermögens und Ihrer Leidenschaft verstehen. Wir analysieren, warum die Haftpflicht oft nur 15% der Kosten deckt, wie Sie Ihren wahren Bedarf ermitteln, welche versteckten Klauseln bei Umbauten greifen und wie Sie Ihre Deckung präzise an Ihre Fahrgewohnheiten anpassen.

Die folgenden Abschnitte führen Sie Schritt für Schritt durch die kritischen Aspekte einer lückenlosen Motorradversicherung. Anhand konkreter Beispiele und Checklisten erhalten Sie das Rüstzeug, um fundierte Entscheidungen zu treffen und sich vor bösen Überraschungen zu schützen.

Warum bleiben Sie auf 85% der Kosten sitzen, wenn Sie nur Haftpflicht haben?

Der grösste und gefährlichste Irrtum unter Motorradfahrern ist der Glaube, die obligatorische Haftpflichtversicherung sei ein umfassender Schutz. In Wahrheit ist sie ein Schutz für andere, nicht für Sie. Ihre Funktion ist es, Schäden zu decken, die Sie mit Ihrem Motorrad an fremden Personen, Fahrzeugen oder Sachen verursachen. Bei einem Selbstunfall – dem Sturz in einer Kurve, dem Ausrutscher auf nassem Laub – leistet die Haftpflichtversicherung null Franken für Ihre eigenen Schäden. Sie stehen mit den gesamten Kosten alleine da.

Stellen Sie sich einen typischen Unfall auf einem Schweizer Alpenpass vor: Sie verlieren die Kontrolle und stürzen. Ihr Motorrad ist stark beschädigt, die Leitplanke ist demoliert, und Sie müssen verletzt mit dem Helikopter geborgen werden. Die Haftpflicht übernimmt einzig die Kosten für die Reparatur der Leitplanke (ca. 2’000 CHF). Die Kosten für die Bergung Ihres Motorrads (ca. 800 CHF), den REGA-Helikoptereinsatz (ca. 3’500 CHF), die Reparatur Ihres eigenen Fahrzeugs und Ihre Spitalkosten bleiben vollständig bei Ihnen. Dies ist die Deckungslücke in ihrer brutalsten Form.

Das Ausmass solcher Fälle ist enorm. Eine Analyse zeigt, dass sich die Zahlungen für Versicherungsfälle in der Schweizer Motorfahrzeugversicherung auf 4,27 Milliarden CHF im Jahr 2021 beliefen. Ein Grossteil davon fliesst in Kasko- und Personenschäden, die eine reine Haftpflichtpolice niemals abdecken würde. Wer nur auf das gesetzliche Minimum setzt, ignoriert das grösste finanzielle Risiko: die Kosten, die man selbst verursacht.

Um diese finanzielle Falle zu vermeiden, ist es unerlässlich, das Grundprinzip der Haftpflicht zu verstehen. Beschäftigen Sie sich nochmals intensiv mit den grundlegenden, aber oft missverstandenen Leistungsgrenzen.

Wie berechnen Sie in 4 Schritten, welche Deckung Sie wirklich brauchen?

Die Wahl der richtigen Deckung ist keine Bauchentscheidung, sondern eine kühle Kalkulation Ihres persönlichen Risikoprofils. Statt pauschalen Regeln zu folgen, müssen Sie eine systematische Bedarfsanalyse durchführen. Nur so finden Sie den Schutz, der exakt zu Ihrem Fahrzeug, Ihrer Nutzung und Ihrer finanziellen Risikobereitschaft passt. Vergessen Sie die Frage „Was brauche ich?“, und stellen Sie sich die Frage: „Welches finanzielle Risiko kann und will ich nicht selbst tragen?“.

Eine professionelle Analyse konzentriert sich auf vier Kernbereiche: den Wert des Fahrzeugs, das Nutzungsprofil, das Fahrerrisiko und die finanzielle Tragbarkeit. Der aktuelle Marktwert, nicht der Kaufpreis, ist die Basis für jede Kasko-Überlegung. Ihre Jahreskilometerleistung und die typischen Strecken (Stadtverkehr, Pendlerstrecke, Passfahrten) definieren das Schadensrisiko. Ihre Fahrerfahrung und Ihre bisherige Schadenbilanz beeinflussen die Prämie massgeblich. Letztlich bestimmt Ihr Budget, welchen Selbstbehalt Sie im Ernstfall stemmen können.

Detailaufnahme von Versicherungsunterlagen mit Taschenrechner auf Holztisch

Wie die Abbildung andeutet, ist dies ein analytischer Prozess. Die durchschnittlichen Kosten für eine umfassende Vollkaskoversicherung in der Schweiz liegen zwar zwischen 500 und 1.200 CHF pro Jahr, aber diese Zahl ist nur ein grober Anhaltspunkt. Erst die detaillierte Berechnung zeigt, ob Sie mit einer teureren Prämie und tiefem Selbstbehalt besser fahren oder mit einer günstigeren Police und der Bereitschaft, kleinere Schäden selbst zu tragen.

Ihre Checkliste zur Bedarfsanalyse

  1. Wert ermitteln: Bestimmen Sie den exakten Marktwert Ihres Motorrads (inkl. Zubehör) über Plattformen wie MotoScout24. Dies ist Ihre maximale Versicherungssumme.
  2. Risiko quantifizieren: Kalkulieren Sie das Worst-Case-Szenario. Was kostet ein Totalschaden (Marktwert), Diebstahl oder ein teurer Unfall mit Bergung und Personenschaden? Können Sie diese Summe aus eigener Tasche bezahlen?
  3. Nutzungsprofil definieren: Fahren Sie täglich zur Arbeit, nur am Wochenende auf Passstrassen oder gelegentlich auf Rennstrecken? Jedes Profil erfordert andere Zusatzdeckungen (z.B. Parkschaden, Assistance, Rennstreckenschutz).
  4. Kosten-Nutzen abwägen: Vergleichen Sie die Jahresprämie einer Vollkasko mit dem potenziellen Maximalverlust bei einer Teilkasko. Lohnt sich die Mehrprämie, um das Risiko eines selbstverschuldeten Totalschadens abzusichern?

Diese systematische Herangehensweise ist der Schlüssel. Nehmen Sie sich die Zeit, die vier Berechnungsschritte für Ihre persönliche Situation sorgfältig durchzugehen.

Teilkasko oder Vollkasko: Was lohnt sich bei einem 8 Jahre alten Motorrad?

Die Faustregel „Vollkasko für neue, Teilkasko für alte Motorräder“ ist eine gefährliche Vereinfachung. Gerade in der Schweiz, wo der Fahrzeugbestand sehr divers ist, muss die Entscheidung für oder gegen eine Vollkasko auf einer präzisen Kosten-Nutzen-Analyse beruhen. Bei den rund 805.700 Motorrädern, die 2023 in der Schweiz registriert waren, befindet sich ein Grossteil genau in dieser Grauzone von 4 bis 10 Jahren.

Eine Teilkaskoversicherung deckt Schäden, für die niemand direkt haftbar gemacht werden kann. Dazu gehören Diebstahl, Feuer, Vandalismus (oft mit Einschränkungen), Marderbiss und Elementarschäden wie Hagel, Sturm oder Überschwemmung. Was sie explizit nicht deckt, sind selbstverschuldete Kollisionsschäden – also der klassische Sturz. Eine Vollkaskoversicherung (Kollisionskasko) schliesst genau diese Lücke und übernimmt auch die Kosten für die Reparatur des eigenen Motorrads nach einem Selbstunfall.

Bei einem 8 Jahre alten Motorrad hängt die Entscheidung von drei Faktoren ab: dem aktuellen Marktwert, der Prämiendifferenz und Ihrem persönlichen Risikoprofil. Hat das Motorrad noch einen Marktwert von über 5’000 CHF? Beträgt der Aufpreis für die Vollkasko vielleicht nur 200-400 CHF pro Jahr? Fahren Sie oft auf anspruchsvollen Strecken mit hohem Sturzrisiko, wie zum Beispiel auf Alpenpässen? Wenn Sie eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, kann sich eine Vollkasko auch nach acht Jahren noch absolut lohnen. Der bezahlte Aufpreis ist die „Versicherung“ gegen einen potenziellen Totalschaden, den Sie selbst verursachen.

Die folgende Tabelle gibt eine Orientierung, wie Alter, Deckung und Kosten typischerweise zusammenhängen. Sie ersetzt aber nicht die individuelle Analyse.

Vergleich der Versicherungsoptionen nach Fahrzeugalter
Fahrzeugalter Empfohlene Deckung Durchschnittsprämie/Jahr Selbstbehalt empfohlen
0-4 Jahre Vollkasko 500-1200 CHF 500 CHF
4-7 Jahre Teilkasko 130-530 CHF 500-1000 CHF
8+ Jahre Haftpflicht + Teilkasko 100-300 CHF 1000-2000 CHF

Die Wahl der richtigen Kasko-Deckung ist eine der wichtigsten Risikoentscheidungen. Analysieren Sie die Argumente für und wider bei einem älteren Fahrzeug genau, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Die Unterversicherung, die nach Diebstahl 18’000 CHF Eigenbeteiligung verursacht

Eine der heimtückischsten finanziellen Fallen ist die Unterversicherung, insbesondere bei umgebauten oder stark aufgewerteten Motorrädern. Viele Besitzer versichern ihr Fahrzeug auf Basis des ursprünglichen Kaufpreises und vergessen, teures Zubehör wie Auspuffanlagen, Spezialfelgen oder aufwendige Lackierungen im Versicherungswert zu berücksichtigen. Im Schadenfall, sei es durch Diebstahl oder einen Totalschaden, rächt sich diese Nachlässigkeit bitterlich.

Das Problem liegt in der proportionalen Kürzung der Versicherungsleistung. Die Versicherung zahlt nicht einfach die versicherte Summe aus. Stattdessen berechnet sie das prozentuale Verhältnis zwischen dem tatsächlich versicherten Wert und dem realen Gesamtwert des Fahrzeugs. Diese prozentuale Unterdeckung wird dann von der Schadenssumme abgezogen. Ein konkretes Fallbeispiel verdeutlicht die dramatischen Auswirkungen: Ein Motorrad mit Umbauten hat einen realen Wert von 35’000 CHF, ist aber nur für 20’000 CHF versichert. Das entspricht einer Unterdeckung von 43%. Bei einem Totalschaden zahlt die Versicherung laut einer Analyse zur proportionalen Kürzung nicht die vollen 20’000 CHF, sondern kürzt die Leistung um eben diese 43%. Die Auszahlung beträgt somit nur rund 11’400 CHF. Der Besitzer bleibt auf einer Differenz von fast 24’000 CHF sitzen.

Motorrad in Tiefgarage mit Sicherheitskette und Winterabdeckung

Diese Unterversicherungsfalle ist keine theoretische Gefahr. Sie wird bei jedem grösseren Schadenfall relevant und trifft Besitzer von Custom-Bikes, Cafe Racern oder aufwendig restaurierten Klassikern besonders hart. Der einzige Schutz davor ist eine lückenlose Dokumentation aller Umbauten und eine sofortige Anpassung der Versicherungspolice nach jeder wertsteigernden Massnahme. Nur wenn die Versicherungssumme dem tatsächlichen Wiederbeschaffungswert entspricht, erhalten Sie im Ernstfall auch die volle Leistung.

Die Konsequenzen einer Unterversicherung sind gravierend und oft unumkehrbar. Es ist entscheidend, dass Sie die Mechanismen dieser finanziellen Falle vollständig verstehen und proaktiv handeln.

Sollten Sie nach Umbau für 5’000 CHF Ihre Versicherung sofort informieren?

Die Antwort ist ein klares und unmissverständliches Ja. Jede wertsteigernde oder leistungsverändernde Modifikation an Ihrem Motorrad muss umgehend der Versicherung gemeldet werden. Es geht dabei nicht nur um die Vermeidung der im vorherigen Kapitel beschriebenen Unterversicherungsfalle, sondern auch um die generelle Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes. Versicherungen kalkulieren ihre Prämien auf Basis eines klar definierten Risikos. Ein Umbau kann dieses Risiko verändern und muss daher neu bewertet werden.

Die Meldepflicht betrifft nicht nur offensichtliche Wertsteigerungen. Auch technische Änderungen wie eine andere Auspuffanlage, Modifikationen am Fahrwerk oder ein Motortuning müssen gemeldet werden. Werden solche Umbauten verschwiegen und sind sie mitursächlich für einen Unfall, kann die Versicherung die Leistungen massiv kürzen oder sogar komplett verweigern (Regress). Dies gilt insbesondere für nicht homologierte Teile, die in der Schweiz nicht für den Strassenverkehr zugelassen sind. In solchen Fällen riskieren Sie nicht nur den Versicherungsschutz, sondern auch massive strafrechtliche Konsequenzen.

Die Versicherer sind hier äusserst streng. So betont beispielsweise AXA Schweiz in ihren Bedingungen, dass der Schutz entfallen kann. Ein Experte von AXA Schweiz weist darauf hin:

Nicht versichert sind Schäden, die bei besonders krasser Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verursacht werden

– AXA Schweiz, Motorradversicherung Bedingungen

Dieses Prinzip der „krassen Missachtung“ kann auch auf das Fahren mit illegalen Umbauten ausgeweitet werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, ist eine transparente Kommunikation mit Ihrem Versicherungsberater unerlässlich. Sammeln Sie alle Belege und Gutachten und lassen Sie die Police schriftlich anpassen.

Pflichtmeldungen bei Motorrad-Umbauten: Ihr Fahrplan

  1. Vor dem Kauf: Prüfen Sie bei Zubehörteilen unbedingt, ob ein Schweizer Gutachten (Homologation) vorliegt.
  2. Nach dem Einbau: Kontaktieren Sie sofort Ihren Versicherungsberater, legen Sie die Rechnungen vor und lassen Sie die Versicherungssumme anpassen.
  3. Dokumentation: Archivieren Sie alle Rechnungen und erstellen Sie hochauflösende Fotos der Umbauten aus verschiedenen Perspektiven.
  4. Amtliche Prüfung: Vereinbaren Sie bei relevanten Umbauten einen Termin beim kantonalen Strassenverkehrsamt für die offizielle Eintragung im Fahrzeugausweis.
  5. Schriftliche Bestätigung: Fordern Sie von Ihrer Versicherung eine neue Police an, die die angepasste Versicherungssumme und die gemeldeten Umbauten explizit bestätigt.

Jeder Umbau verändert das Risikoprofil Ihres Fahrzeugs. Verinnerlichen Sie die Notwendigkeit der sofortigen Meldung, um Ihren Versicherungsschutz nicht aufs Spiel zu setzen.

Wie matchen Sie Versicherungsdeckung zu Ihrer Jahreskilometerleistung und Nutzung?

Eine „One-Size-Fits-All“-Versicherung existiert nicht. Ihr individuelles Fahrverhalten ist der entscheidende Faktor für eine massgeschneiderte und kosteneffiziente Deckung. Ein Schönwetterfahrer, der 3’000 Kilometer pro Jahr zurücklegt, hat ein fundamental anderes Risikoprofil als ein täglicher Pendler im Stadtverkehr oder ein Alpen-Explorer mit 15’000 Kilometern auf dem Tacho. Die Versicherungsprämien spiegeln dies wider, und Sie können erheblich sparen, indem Sie eine realistische Einschätzung Ihrer Nutzung vornehmen. Der Schweizer Markt, in dem 2023 rund 6,23 Milliarden CHF an Prämien eingenommen wurden, bietet hierfür spezialisierte Produkte.

Die Jahreskilometerleistung ist oft die Basis für einen Wenigfahrer-Bonus. Geben Sie hier einen ehrlichen Wert an. Eine zu tiefe Schätzung kann im Schadenfall zu Nachforderungen führen. Doch die Kilometer allein sind nicht alles. Die Art der Nutzung ist ebenso wichtig. Ein Pendler in Zürich oder Genf ist einem hohen Risiko von Parkschäden ausgesetzt – eine Zusatzdeckung, die sich hier schnell bezahlt macht. Der Alpen-Tourer hingegen benötigt eine exzellente Assistance-Leistung mit Europa-Deckung, während der gelegentliche Rennstrecken-Fahrer wissen muss, dass seine Standard-Police auf dem Track in der Regel ungültig ist und eine separate Tagesversicherung erfordert.

Ihre Aufgabe als verantwortungsbewusster Besitzer ist es, Ihr Fahrprofil schonungslos zu analysieren und die Deckungsbausteine entsprechend auszuwählen. Zahlen Sie nicht für Risiken, die Sie nicht haben, aber sparen Sie auf keinen Fall bei den Deckungen, die für Ihre spezifische Nutzung essenziell sind.

Die folgende Übersicht zeigt typische Fahrertypen und die dazu passenden Deckungsempfehlungen als Ausgangspunkt für Ihre persönliche Analyse.

Versicherungsoptionen nach Fahrertyp
Fahrertyp Km/Jahr Empfohlene Deckung Besonderheiten
Wenigfahrer <4’000 Haftpflicht + Teilkasko Wenigfahrer-Bonus nutzen
Pendler Stadtverkehr 8’000-12’000 Vollkasko niedrig SB Parkschadendeckung wichtig
Alpen-Explorer 8’000-15’000 Vollkasko + Premium-Assistance Europa-Deckung essentiell
Track Day Fahrer Variabel Standard + Tagesversicherung Rennstrecke ausgeschlossen

Eine Deckung, die nicht zu Ihrer Nutzung passt, ist eine garantierte Deckungslücke. Analysieren Sie Ihr Fahrverhalten und gleichen Sie es mit den empfohlenen Deckungsoptionen für Ihr Profil ab.

Basis-Pannenhilfe oder Premium-Assistance: Was bei jährlich 8’000 km Alpenpässen?

Für einen Motorradfahrer, der regelmässig anspruchsvolle Touren über Schweizer Alpenpässe unternimmt, ist die Pannenhilfe keine Nebensächlichkeit, sondern ein zentraler Bestandteil des Risikomanagements. Eine Panne am Gotthard, Furka oder Grimsel ist nicht vergleichbar mit einer Panne im städtischen Flachland. Die logistischen Herausforderungen und Kosten für Bergung und Abschleppen sind hier um ein Vielfaches höher. Die Wahl zwischen einer Basis-Pannenhilfe und einer umfassenden Premium-Assistance kann den Unterschied zwischen einer kleinen Unannehmlichkeit und einem finanziellen Desaster ausmachen.

Die Standard-Pannenhilfe, die oft in Basis-Versicherungspaketen enthalten ist, bietet meist nur eine begrenzte Deckung. Die Limiten für Abschleppkosten sind schnell erreicht, insbesondere wenn ein Spezialfahrzeug für die Bergung in unwegsamem Gelände erforderlich ist. Zudem ist der Schutz oft auf die Schweiz beschränkt. Eine Tour, die Sie kurz über die Grenze nach Italien oder Frankreich führt, könnte bereits ausserhalb des Geltungsbereichs liegen. Für passionierte Tourenfahrer ist dies eine untragbare Deckungslücke.

Eine Premium-Assistance, wie sie beispielsweise von Spezialisten wie dem TCS oder in den Top-Paketen der Versicherer angeboten wird, ist für Alpen-Explorer unverzichtbar. Sie bietet nicht nur höhere Deckungslimiten für Bergungs- und Abschleppkosten, sondern inkludiert entscheidende Zusatzleistungen. Dazu gehören die Organisation und Kostenübernahme für die Heimschaffung des defekten Motorrads aus dem Ausland, die Bereitstellung eines Ersatzfahrzeugs, Hotelübernachtungen und sogar ein Fahrzeug-Concierge-Service, der sich um die Organisation von Ersatzteilen kümmert. Bei 8’000 km Passstrassen pro Jahr ist dies keine Luxus-, sondern eine Notwendigkeits-Investition.

Checkliste: Die richtige Pannenhilfe für Tourenfahrer

  1. Geografische Grenzen prüfen: Ist die Deckung auf die Schweiz beschränkt oder gilt sie europaweit? Ist das Fürstentum Liechtenstein explizit eingeschlossen?
  2. Deckungslimiten vergleichen: Decken die Limiten die potenziell hohen Kosten für eine Bergung in Bergregionen ab (oft > 1’000 CHF)?
  3. Zusatzleistungen bewerten: Sind Hotelübernachtung, Ersatzfahrzeug und die Organisation des Rücktransports Ihres Motorrads abgedeckt?
  4. Schutzart klären: Ist der Schutz an die Person (unabhängig vom Fahrzeug) oder an das spezifische Motorrad gebunden?
  5. Premium-Details prüfen: Bietet das Paket einen Concierge-Service, Kostenübernahme für Taxis oder die Organisation des Versands von Ersatzteilen?

Die Wahl der Pannenhilfe sollte niemals eine Randnotiz sein. Für ambitionierte Fahrer ist eine genaue Prüfung der Details zwischen Basis- und Premium-Schutz absolut entscheidend.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Haftpflichtversicherung ist ein reiner Fremdschutz; bei Selbstunfällen deckt sie keine eigenen Kosten, was zu massiven Deckungslücken führt.
  • Der wahre Wert Ihres Motorrads (inkl. Umbauten) muss korrekt versichert sein, um eine prozentuale Kürzung der Leistung im Schadenfall zu vermeiden (Unterversicherungsfalle).
  • Die optimale Versicherung basiert nicht auf dem Fahrzeugalter, sondern auf einer individuellen Analyse von Marktwert, Fahrprofil und persönlicher Risikobereitschaft.

Wie Sie Haftpflicht-Vorschriften erfüllen und 10’000 CHF Bussen vermeiden

Die Motorfahrzeughaftpflichtversicherung ist in der Schweiz keine Option, sondern eine absolute, im Strassenverkehrsgesetz verankerte Pflicht. Ohne einen gültigen Versicherungsnachweis wird kein Strassenverkehrsamt Ihr Motorrad immatrikulieren. Diese Regelung dient dem Schutz der Allgemeinheit: Sie stellt sicher, dass Opfer eines von Ihnen verursachten Unfalls für ihre Schäden (Personen-, Sach- und Vermögensschäden) entschädigt werden.

Der Prozess ist klar geregelt: Sobald Sie eine Versicherung abschliessen, übermittelt Ihr Versicherer den elektronischen Versicherungsnachweis direkt an das zuständige kantonale Strassenverkehrsamt. Erst nach Eingang dieses Nachweises können Sie Ihr Motorrad mit den Kontrollschildern versehen und legal auf die Strasse. Das Fahren ohne gültige Haftpflichtversicherung ist eines der schwersten Vergehen im Strassenverkehr.

Die Konsequenzen sind drakonisch. Wer ohne Versicherungsschutz fährt, riskiert nicht nur, im Schadenfall auf Millionenkosten sitzen zu bleiben, sondern muss auch mit empfindlichen Strafen rechnen. Besonders riskant sind Fahrten mit deponierten Kontrollschildern, zum Beispiel für eine kurze „Testfahrt“ im Frühling. Dies gilt als Fahren ohne Versicherung und ohne Zulassung und kann mit Bussen bis zu 10’000 CHF oder sogar einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Legale Fahrten mit deponierten Schildern sind ausschliesslich mit einer Tageszulassung oder einer Garagennummer möglich.

Verstehen Sie die Haftpflichtversicherung als Ihr „Eintrittsticket“ für den Strassenverkehr. Sie ist das absolute Minimum. Die Erfüllung dieser Vorschrift ist unumgänglich, aber wie die vorherigen Kapitel gezeigt haben, ist sie nur der erste, kleinste Schritt zu einem wirklich umfassenden Schutz.

Die gesetzlichen Grundlagen sind nicht verhandelbar. Um teure Fehler zu vermeiden, ist es unerlässlich, die strengen Vorschriften der Haftpflicht genau zu kennen und zu befolgen.

Häufig gestellte Fragen zur Motorradversicherung in der Schweiz

Kann ich mein Motorrad ohne Versicherungsnachweis immatrikulieren?

Nein, die Motorfahrzeughaftpflicht ist in der Schweiz obligatorisch – ohne diese Versicherung darf Ihr Motorrad nicht auf die Strasse und kann nicht immatrikuliert werden.

Brauche ich die Grüne Karte für Fahrten ins Ausland?

Für Fahrten in Ländern innerhalb Europas, die nicht EU/EWR-Mitglieder sind, benötigen Sie eine aktuelle Grüne Karte. Diese bestätigt den Versicherungsschutz und ist in einigen Ländern noch zwingend vorgeschrieben.

Was passiert bei deponierten Kontrollschildern?

Eine ‚Testfahrt‘ mit deponierten Schildern gilt als Fahren ohne Versicherung und ohne Zulassung. Dies kann zu Bussen bis 10’000 CHF führen. Legal ist dies nur mit Tageszulassung oder Garagennummer.

Jetzt, da Sie die Fallstricke und Deckungslücken kennen, liegt es an Ihnen, zu handeln. Eine umfassende Versicherung ist der beste Schutz für Ihre Leidenschaft und Ihr Vermögen. Überprüfen Sie Ihre aktuelle Police noch heute auf die hier besprochenen Risiken. Eine proaktive Anpassung schützt Sie vor dem Ernstfall.

Geschrieben von Thomas Meier, Thomas Meier ist unabhängiger Versicherungsberater mit eidgenössischem Fachausweis und auf Motorradversicherungen, Rechtsschutz und Schadenregulierung spezialisiert, mit 16 Jahren Erfahrung in der Schweizer Versicherungsbranche.