Veröffentlicht am März 12, 2024

Der schlaue Motorradkauf in der Schweiz basiert nicht auf dem tiefsten Preis, sondern auf der besten Leistung pro Franken über die gesamte Haltedauer.

  • Eine 2-3 jährige Occasion bietet oft 90% der Performance eines Neufahrzeugs, aber zu ca. 65% des Preises und mit bereits absorbiertem Wertverlust.
  • Die wahren Kosten verstecken sich in Service, Unterhalt und dem „Marken-Aufschlag“, der in der Schweiz wegen hoher Lohnkosten besonders ins Gewicht fällt.

Empfehlung: Analysieren Sie die Total Cost of Ownership (TCO) statt nur den Kaufpreis, um eine echte Wert-Analyse durchzuführen und zehntausende Franken zu sparen.

Der Motorradkauf in der Schweiz ist für einen rational denkenden Käufer oft ein frustrierender Prozess. Man sieht Premium-Modelle mit Preisschildern, die an Kleinwagen erinnern, und fragt sich: Rechtfertigt die Technik diesen Aufpreis wirklich? Die üblichen Ratschläge sind schnell zur Hand: „Kauf eine gebrauchte Japanerin“ oder „Achte auf den Zustand der Kette“. Diese Tipps sind nicht falsch, aber sie kratzen nur an der Oberfläche und lassen den wichtigsten Faktor ausser Acht: die Gesamtkostenanalyse, die Total Cost of Ownership (TCO).

Die landläufige Meinung konzentriert sich auf den Anschaffungspreis und übersieht dabei die massiven Folgekosten, die gerade in der Schweiz den wahren Preis eines Motorrads definieren. Hohe Werkstatt-Stundensätze, teure Ersatzteile und markenspezifische Versicherungsprämien können ein vermeintliches Schnäppchen schnell in eine Kostenfalle verwandeln. Der Schlüssel zur Maximierung Ihrer „Leistung pro Franken“ liegt nicht darin, das billigste Motorrad zu finden, sondern das mit dem optimalen Verhältnis von Performance, Zuverlässigkeit und Unterhaltskosten über die geplante Haltedauer.

Doch wie durchbricht man den Marketing-Nebel und identifiziert den echten, technischen Wert? Wenn die wahre Kunst nicht im Handeln um den Kaufpreis, sondern in der präzisen Kalkulation der TCO liegt? Dieser Leitfaden versetzt Sie in die Lage eines Value-Analysten. Sie lernen, den „Marken-Aufschlag“ zu quantifizieren, die Kostenstruktur verschiedener Herstellerphilosophien zu verstehen und eine fundierte Entscheidung zu treffen, die auf Daten und nicht auf Markenemotionen basiert. Es geht darum, systematisch das Motorrad zu identifizieren, das Ihnen die maximale Performance für jeden investierten Franken liefert.

Dieser Artikel ist Ihr analytischer Werkzeugkasten für den intelligenten Motorradkauf. Wir führen Sie schrittweise durch die entscheidenden Analyse-Ebenen, damit Sie am Ende nicht nur ein Motorrad, sondern den besten Deal für Ihre spezifischen Bedürfnisse in der Schweiz finden.

Warum bieten 2-3 Jahre alte Occasionen 90% Leistung für 65% des Neupreises?

Der grösste einzelne Kostenfaktor beim Motorradkauf ist der Wertverlust. Ein Neufahrzeug verliert in dem Moment an Wert, in dem es den Showroom verlässt. Diese Tatsache ist der Hebel für jeden smarten Käufer. Eine Analyse des Gebrauchtmarkts zeigt, dass Motorräder in den ersten ein bis zwei Jahren oft einen Wertverlust von 20 bis 30 Prozent erleiden. Technisch gesehen ist ein solches Fahrzeug jedoch kaum von einem neuen zu unterscheiden. Der Motor ist eingefahren, die ersten Kinderkrankheiten wurden vom Vorbesitzer im Rahmen der Garantie behoben, und die Leistungsfähigkeit ist praktisch identisch mit der eines Neufahrzeugs.

Hier liegt der „Sweet Spot“ für Value-Analysten: Ein zwei- bis dreijähriges Motorrad. Es hat den grössten Wertverlust bereits hinter sich, bietet aber noch nahezu 100% der ursprünglichen Performance und Zuverlässigkeit. Der Preisvorteil gegenüber dem Neupreis kann sich auf 35% und mehr belaufen, während der Leistungsverlust vernachlässigbar ist. Sie kaufen also bewährte Technik, ohne den vollen Premium-Aufschlag für den „Neuwagenduft“ zu bezahlen. Der Schweizer Occasionsmarkt ist riesig; Portale wie MotoScout24 und AutoScout24 listen konstant über 27’000 Motorräder, was Ihnen eine enorme Auswahl bietet.

Dieser anfängliche, massive Wertverlust ist eine rein marktpsychologische Grösse und hat wenig mit dem technischen Zustand zu tun. Ein Vorbesitzer hat quasi für Sie die „Abschreibungs-Rechnung“ der ersten Jahre bezahlt. Ihre Aufgabe als Analyst ist es, diesen Vorteil zu nutzen und ein Modell zu finden, das nicht nur günstig in der Anschaffung ist, sondern dessen Wert sich in den Folgejahren deutlich stabiler entwickelt als der eines fabrikneuen Pendants. Die Kunst besteht darin, ein gepflegtes Exemplar aus diesem Zeitfenster zu identifizieren.

Wie erkennen Sie in 10 Minuten, ob ein Motorrad echten Wert oder nur Marketing ist?

Wenn Sie eine Occasion besichtigen, trennt sich die Spreu vom Weizen. Ein glänzender Lack und polierter Chrom können über fundamentale Mängel hinwegtäuschen. Ein Value-Analyst blickt tiefer und sucht nach Indizien für echte Fertigungsqualität und schonende Behandlung, nicht nach oberflächlicher Kosmetik. Es geht darum, die Spreu vom Weizen zu trennen: Ist die hochwertige Anmutung nur Show oder das Ergebnis solider Ingenieurskunst? Achten Sie auf Details, die nicht im Marketingprospekt stehen.

Echter Wert zeigt sich in der Qualität der Schweissnähte, der sauberen Verlegung von Kabelbäumen, der Passgenauigkeit von Verkleidungsteilen und der Materialqualität von Schrauben und Befestigungselementen. Ein Hersteller, der hier spart, spart oft auch an interner Technik. Eine minderwertige Schweissnaht am Rahmen ist ein viel stärkeres Alarmsignal als ein Kratzer in der Verkleidung. Die folgende Illustration zeigt, worauf Sie achten müssen, um die wahre Substanz eines Motorrads zu beurteilen.

Makroaufnahme von Motorrad-Qualitätsmerkmalen und versteckten Details

Wie Sie auf der Makroaufnahme erkennen können, sind es oft die unscheinbaren Details, die Aufschluss über die Langlebigkeit und den wahren Wert geben. Ein Motorrad, das hier überzeugt, wurde gebaut, um zu halten, und nicht nur, um im Showroom zu glänzen. Nutzen Sie die folgende Checkliste, um bei einer Besichtigung schnell und effizient die kritischen Punkte zu prüfen und eine erste, fundierte Einschätzung zu treffen.

Ihr 10-Minuten-Wert-Check: Eine Anleitung des TCS

  1. Fixierungen der Bremszangen prüfen: Quer-Bohrungen bei Sportmotorrädern deuten auf harten Rennstreckeneinsatz hin und sind ein Warnsignal.
  2. Räder und Lager kontrollieren: Drehen Sie die Räder und achten Sie auf Seitenschläge in der Felge oder raue Geräusche, die auf defekte Radlager hindeuten.
  3. Antriebskette inspizieren: Prüfen Sie Spannung (sollte leichtes Spiel haben), den Zustand der Rollen, sichtbare O-Ringe und das Kettenschloss. Eine ungleich gelängte Kette ist ein teurer Defekt.
  4. Auspuffanlage auf Rost untersuchen: Besonders an den Schweissnähten und unteren Biegungen. Rost kann auf Stürze oder Winterbetrieb ohne Pflege hinweisen.
  5. Reifenprofil und -alter prüfen: Die gesetzliche Mindestprofiltiefe in der Schweiz beträgt 1.6 mm, empfohlen sind 2 mm. Achten Sie auf eine gleichmässige Abnutzung und das Herstellungsdatum (DOT-Nummer).
  6. Motorstart beobachten: Achten Sie beim Kaltstart auf bläulichen Dunst aus dem Auspuff, ein Indiz für verschlissene Kolbenringe oder Ventilschaftdichtungen.
  7. Ölfarbe bewerten: Prüfen Sie die Farbe des Motoröls durch das Schauglas. Honigfarben bedeutet frisch gewechselt, pechschwarz deutet auf überfälligen Service hin.

Premium für 22’000 CHF oder Value für 13’000 CHF: Wo rechtfertigen sich 9’000 CHF Mehrpreis?

Die Preisdifferenz von 9’000 CHF zwischen einem „Value“-Motorrad der Mittelklasse und einem Premium-Modell ist auf den ersten Blick enorm. Die Frage ist: Wofür genau bezahlen Sie diesen Aufpreis? Marketing und Markenimage spielen eine Rolle, aber es gibt auch handfeste technische Unterschiede. Premium-Hersteller investieren oft mehr in hochwertigere Fahrwerkskomponenten (z.B. voll einstellbare Federbeine von Öhlins oder WP), leistungsfähigere Bremsanlagen (z.B. Brembo Monoblock-Sättel) und fortschrittlichere Elektronik (z.B. Kurven-ABS, schräglagenabhängige Traktionskontrolle). Diese Komponenten bieten messbar mehr Performance und Sicherheit, besonders im Grenzbereich.

Der Aufpreis rechtfertigt sich jedoch nur, wenn Sie diese Leistung auch nutzen. Für den täglichen Pendelverkehr in der Stadt ist der Mehrwert einer High-End-Bremsanlage marginal. Auf einer anspruchsvollen Passfahrt hingegen kann ein überlegenes Fahrwerk den Unterschied zwischen einem nervösen und einem souveränen Fahrgefühl ausmachen. Die Krux liegt jedoch in den Folgekosten, die in der Schweiz besonders hoch ausfallen. Wie die Community im Töff-Forum Schweiz zusammenfasst, gibt es klare Tendenzen bei den Unterhaltskosten.

In Sachen Kosten für Ersatz-/Verschleissteile sind Suzuki und Yamaha im Vergleich recht günstig, Honda und Triumph eher teuer, BMW und Ducati sowieso.

– Töff-Forum Schweiz Community, Das Motorrad und Töff Forum der Schweiz

Die Entscheidung wird zu einer reinen Kosten-Nutzen-Rechnung. Der folgende Vergleich zeigt exemplarisch die jährlichen Kosten für ein Premium-Bike im Vergleich zu einem Value-Modell in der Schweiz, basierend auf einer Analyse der laufenden Motorradkosten.

Vergleich der jährlichen Gesamtkosten: Premium vs. Value in der Schweiz
Kostenart Premium (z.B. BMW GS) Value (z.B. Suzuki V-Strom)
Neupreis CHF 22’000-25’000 13’000-15’000
Wertverlust Jahr 1-2 20-30% 20-30%
Service pro Jahr CHF 400-600 250-400
Versicherung/Jahr CHF 800-1200 500-800
Verkehrssteuern CHF 150-205 100-150

Die Marken-Falle, die für reines Logo 12’000 CHF ohne technischen Mehrwert kostet

Eine der grössten Kostenfallen für uninformierte Käufer ist das sogenannte „Badge Engineering“. Dabei nutzen Konzerne eine identische technische Plattform – also Rahmen, Motor, Fahrwerk – für mehrere Marken, verkaufen die Modelle aber zu sehr unterschiedlichen Preisen. Der Kunde zahlt hier einen erheblichen Aufpreis für ein anderes Logo und eine leicht veränderte Optik, erhält aber keinen technischen Mehrwert. Der KTM-Konzern ist hierfür ein Paradebeispiel. Die Marken KTM, Husqvarna und GasGas teilen sich oft zu 100% die gleiche technische Basis.

Fallstudie: Die Plattform-Strategie im KTM-Konzern

Ein bekanntes Beispiel ist die technische Verwandtschaft vieler Modelle von KTM und Husqvarna. Oft sind Motor, Chassis und Schwinge baugleich. Die Preisunterschiede sind jedoch teils erheblich und werden durch Design, Markenpositionierung und eine andere Ergonomie gerechtfertigt. In Foren wird hier oft gewarnt, dass man trotz identischer Technik bei einigen Marken mit höheren Ersatzteilpreisen konfrontiert wird. Der technische Mehrwert des teureren Modells ist objektiv oft nicht vorhanden, der Preisunterschied ist ein reiner Marketing-Aufschlag.

Diese Marken-Falle beschränkt sich nicht nur auf den Kaufpreis. Sie setzt sich bei den Servicekosten fort. Obwohl die Technik identisch sein mag, verlangen Vertragswerkstätten unterschiedlicher Marken oft auch unterschiedliche Stundensätze und Ersatzteilpreise. Die folgende Tabelle, basierend auf in Foren geteilten Werkstattrechnungen, illustriert die signifikanten Unterschiede bei den Inspektionskosten zwischen einer Premium-Marke und japanischen Pendants.

Exemplarische Inspektionskosten: BMW GS vs. japanische Konkurrenz
Service BMW GS Honda/Yamaha Differenz
10’000 km Service 235 EUR 150 EUR +85 EUR
20’000 km Service 547 EUR 255 EUR +292 EUR
40’000 km Service ~400 EUR ~280 EUR +120 EUR
Stundensatz Werkstatt 80-144 EUR 50-90 EUR +30-54 EUR

Ab welcher Jahresfahrleistung rechtfertigen sich 8’000 CHF Aufpreis für Premium?

Die Rechtfertigung für den erheblichen Aufpreis eines Premium-Motorrads ist direkt an Ihre persönliche Jahresfahrleistung gekoppelt. Ein höherer Kaufpreis und teurere Servicekosten sind Fixkosten, die pro gefahrenem Kilometer umso stärker ins Gewicht fallen, je weniger Sie fahren. Der entscheidende Richtwert hierfür ist die durchschnittliche Nutzung in der Schweiz. Laut einer Branchenanalyse von Motosuisse legen Schweizer Motorradfahrer im Durchschnitt 3’000 bis 5’000 km pro Jahr zurück.

Rechnen wir ein einfaches Szenario durch: Angenommen, der jährliche Mehrpreis für ein Premium-Modell (höhere Versicherung, Steuern, Service) beträgt 800 CHF. Bei einer Fahrleistung von 4’000 km pro Jahr kostet Sie allein der „Premium-Status“ 20 Rappen pro Kilometer extra, den höheren Kaufpreis und Wertverlust nicht eingerechnet. Fahren Sie hingegen 15’000 km pro Jahr, sinken diese Mehrkosten pro Kilometer auf knapp über 5 Rappen. Der Komfortgewinn auf langen Strecken, der bessere Windschutz oder das überlegene Fahrwerk eines Premium-Tourers können diesen Aufpreis für einen Vielfahrer durchaus rechtfertigen.

Motorradwerkstatt in der Schweiz mit Mechaniker bei Servicearbeiten

Die entscheidende Frage für Sie als Analyst lautet also: Wie viele Kilometer fahre ich pro Jahr? Für den typischen „Schönwetter-Fahrer“ mit 3’000 km pro Saison ist ein teures Premium-Motorrad aus reiner TCO-Perspektive oft ein finanzielles Desaster. Der hohe Anschaffungspreis und die teuren Services können nicht durch eine hohe Nutzung „amortisiert“ werden. Ein günstigeres, zuverlässiges Value-Bike bietet hier eine viel bessere „Leistung pro Franken“. Für den Ganzjahres-Pendler oder ambitionierten Tourenfahrer, der 10’000 km und mehr abspult, kann sich die Investition in mehr Komfort, bessere Ausstattung und längere Serviceintervalle hingegen lohnen.

Japanisch oder europäisch: Welche Herstellerphilosophie passt zu Ihrem Fahrstil?

Die Wahl zwischen einem japanischen und einem europäischen Motorrad ist mehr als eine Geschmacksfrage; es ist eine Entscheidung zwischen zwei fundamental unterschiedlichen Produktphilosophien. Japanische Hersteller wie Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki sind historisch für ihre Zuverlässigkeit, Massenfertigungseffizienz und moderaten Unterhaltskosten bekannt. Ihre Motoren gelten oft als „kugelsicher“, die Ersatzteilversorgung ist exzellent und die Technik ist meist so gestaltet, dass auch Hobbyschrauber viele Wartungsarbeiten selbst durchführen können.

Europäische Marken wie BMW, Ducati oder KTM positionieren sich oft im Premium-Segment und legen den Fokus auf Spitzenleistung, innovative Technologie und emotionales Design. Dies führt oft zu komplexerer Technik (z.B. Desmodromik bei Ducati), die Spezialwerkzeug und Expertenwissen für die Wartung erfordert. Die landläufige Meinung, dass europäische Marken pauschal teurer im Unterhalt sind, wird jedoch nicht von allen Fahrern geteilt, was die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung unterstreicht.

Das mit den extra teueren BMW-Service halte ich für ein Gerücht. Meine R12R war jetzt mit 37000 km viermal im Service und keiner davon war teurer als die vergleichbaren Inspektionskosten meiner Yamaha BT 1100!

– BMW-Bike-Forum Nutzer, BMW-Bike-Forum.info

Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, hilft ein Blick auf die typischen Unterschiede in der Wartungsphilosophie. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Kriterien zusammen, die Ihre langfristigen Kosten und den Wartungsaufwand direkt beeinflussen.

Vergleich der Servicephilosophien: Japaner vs. Europäer
Kriterium Japaner (Honda/Yamaha) Europäer (BMW/Ducati)
Service-Intervall 6’000-10’000 km 10’000-15’000 km
Ventilspiel-Kontrolle Alle 40’000 km Alle 20’000-30’000 km
Ersatzteilpreise Günstig Teuer
DIY-Wartung Einfach möglich Oft Spezialwerkzeug nötig
Händlernetz Schweiz Sehr gut Gut bis sehr gut

Nackter Roadster oder Sport-Tourer: Was für gemischte Stadt-Pass-Nutzung in der Schweiz?

Die Wahl des Motorradtyps ist für das typische Schweizer Nutzungsprofil – ein Mix aus Stadtverkehr, Landstrassen und Alpenpässen – von entscheidender Bedeutung. Die beiden beliebtesten Kategorien, nackte Roadster und Sport-Tourer, bieten hier sehr unterschiedliche Vor- und Nachteile. Ein Roadster punktet mit seiner Agilität und leichten Handhabung im dichten Stadtverkehr. Die aufrechte Sitzposition bietet eine gute Übersicht, und das fehlende Windschild verhindert einen Hitzestau im Stop-and-Go-Verkehr. Auf der Passstrasse macht er mit seinem direkten Fahrgefühl Spass, doch auf längeren Autobahnetappen wird der fehlende Windschutz schnell zur Belastung.

Der Sport-Tourer spielt seine Stärken genau dort aus, wo der Roadster schwächelt. Sein überlegener Wind- und Wetterschutz macht lange Fahrten und höhere Geschwindigkeiten auf der Autobahn deutlich komfortabler. Die oft etwas entspanntere, leicht nach vorne geneigte Sitzposition ist ideal für stundenlange Passfahrten und reduziert die Ermüdung. Zudem bieten Sport-Tourer meist ab Werk integrierte Gepäcklösungen, was die Nachrüstung teurer Koffersysteme (oft 500-1500 CHF) überflüssig macht. Im Stadtverkehr kann die Verkleidung jedoch die Übersicht einschränken und das höhere Gewicht das Rangieren erschweren.

Für Ganzjahresfahrer, die oft auf der Autobahn pendeln und lange Touren planen, ist der Sport-Tourer in der Regel die rationalere Wahl. Der Komfortgewinn und die integrierten praktischen Lösungen rechtfertigen das etwas behäbigere Handling in der Stadt. Für Fahrer, die hauptsächlich in der Agglomeration unterwegs sind und nur gelegentliche, kürzere Ausflüge in die Berge unternehmen, bietet der Roadster oft mehr Fahrspass und Agilität im Alltag. Letztendlich ist es eine Frage der Priorisierung: tägliche Agilität oder Tourenkomfort?

Das Wichtigste in Kürze

  • Der grösste finanzielle Hebel ist der Kauf einer 2-3-jährigen Occasion, um den massiven anfänglichen Wertverlust zu umgehen.
  • Die wahre Kostenanalyse liegt in den Total Cost of Ownership (TCO), die in der Schweiz stark von hohen Service- und Unterhaltskosten geprägt sind.
  • Die Rechtfertigung eines teuren Premium-Motorrads hängt direkt von Ihrer Jahresfahrleistung ab; für Wenigfahrer ist es oft eine finanzielle Fehlentscheidung.

Wie Sie unter 200 Modellen in 30 Minuten die richtige Auswahl treffen

Der Schweizer Motorradmarkt ist mit über 27’000 verfügbaren Occasionen auf den grossen Portalen überwältigend. Ohne eine systematische Herangehensweise verliert man sich schnell in endlosen Vergleichen. Ein Value-Analyst nutzt einen Filterprozess, um das Angebot effizient auf eine Handvoll relevanter Kandidaten zu reduzieren. Die folgende Methode ermöglicht es Ihnen, in 30 Minuten eine fundierte Vorauswahl zu treffen.

Der Schlüssel liegt darin, von groben, nicht verhandelbaren Kriterien zu feineren Präferenzen überzugehen. Anstatt sich von emotionalen Faktoren wie Farbe oder Marke leiten zu lassen, beginnen Sie mit den harten Fakten: Budget, Nutzungsprofil und physische Eignung. Erst wenn diese Rahmenbedingungen klar sind, macht es Sinn, sich mit spezifischen Modellen zu beschäftigen. Dieser strukturierte Ansatz spart nicht nur Zeit, sondern schützt Sie auch vor teuren Impulskäufen.

Folgen Sie diesen Schritten, um den Prozess zu meistern:

  1. Minute 1-5: Budget-Analyse (TCO): Legen Sie nicht nur den Kaufpreis fest, sondern Ihr Gesamtbudget für 3 Jahre. Berücksichtigen Sie Versicherung, Steuern, Service, Reifen und einen Puffer für unvorhergesehene Reparaturen. Dies ist Ihr TCO-Rahmen.
  2. Minute 6-10: Nutzungsprofil definieren: Seien Sie ehrlich. Fahren Sie 70% in der Stadt und 30% auf Tour? Oder 90% Passstrassen am Wochenende? Dieses Profil bestimmt den idealen Motorradtyp (Roadster, Tourer, etc.).
  3. Minute 11-15: Leistungs- und Hubraumklasse eingrenzen: Für die Schweiz sind Modelle zwischen 70 und 120 PS meist der ideale Kompromiss aus Leistung und Kontrollierbarkeit. Legen Sie hier einen für Sie passenden Bereich fest.
  4. Minute 16-20: Gewicht und Ergonomie prüfen: Können Sie ein 220 kg schweres Motorrad sicher rangieren und im Notfall halten oder aufheben? Ist die Sitzhöhe passend? Dies ist ein K.O.-Kriterium.
  5. Minute 21-25: Online-Filter anwenden: Gehen Sie nun auf ein Portal wie MotoScout24.ch und wenden Sie Ihre Filter konsequent an: Preis (Ihr Kaufpreis-Limit aus der TCO), Jahrgang (2-5 Jahre alt), Motorradtyp, Hubraum, Kilometerstand.
  6. Minute 26-30: Top 3 identifizieren: Die Liste sollte nun überschaubar sein. Identifizieren Sie Ihre Top 3 Kandidaten basierend auf Zustand, Preis und Optik. Vereinbaren Sie umgehend Probefahrt-Termine für diese drei Modelle.

Durch die Anwendung dieser analytischen Denkweise verwandeln Sie den emotionalen Motorradkauf in einen strategischen Prozess. Sie schützen sich vor Marketing-Fallen und stellen sicher, dass jeder Franken, den Sie investieren, maximale Leistung und Fahrspass generiert. Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien anzuwenden, um Ihr perfektes Preis-Leistungs-Motorrad zu finden.

Häufig gestellte Fragen zur Motorradwahl in der Schweiz

Welche Sitzposition ist für lange Alpenpässe ideal?

Eine aufrechte bis leicht nach vorne geneigte Position, wie sie bei Sport-Tourern üblich ist, reduziert die Ermüdung auf langen Passfahrten erheblich. Entscheidend ist aber auch, dass Sie im Stand mit beiden Füssen sicher den Boden erreichen können, um beim Anhalten am Hang die nötige Stabilität zu haben.

Wie wichtig ist Windschutz in der Schweiz?

Für Ganzjahresfahrer oder Tourenfahrer ist guter Windschutz essenziell. Auf Autobahnabschnitten und in den kühleren Höhenlagen der Alpen schützt eine gute Verkleidung effektiv vor Kälte, Regen und ermüdendem Winddruck. Im reinen Stadtverkehr kann eine grosse Verkleidung jedoch die Übersicht und Agilität einschränken.

Welche Gepäcklösungen sind für Schweizer Touren optimal?

Sport-Tourer und Reiseenduros haben oft bereits ab Werk integrierte Vorrichtungen für Seitenkoffer und Topcases, was die praktischste und stabilste Lösung ist. Bei nackten Roadstern muss ein Gepäckträgersystem nachgerüstet werden, was zusätzliche Kosten von 500 bis 1500 CHF verursachen und die Optik des Motorrads stark verändern kann.

Geschrieben von Martin Keller, Martin Keller ist selbstständiger Occasionshändler und zertifizierter Fahrzeugbewerter mit 19 Jahren Erfahrung im Motorrad-Occasionsmarkt der Schweiz und Spezialisierung auf Kaufberatung und technische Zustandsbewertung.