Veröffentlicht am Mai 21, 2024

Der massive Leistungsabfall beim Motorradfahren in der Hitze ist kein Komfortproblem, sondern ein medizinisches Risiko, das direkt Ihre kognitive Leistungsfähigkeit angreift.

  • Falsche Kleidung führt zu Hyperthermie (Überhitzung), was Konzentration und Reaktionszeit nachweislich um bis zu 40% reduziert.
  • Gezielte Ausrüstungswahl, basierend auf Schutzklassen und Materialien wie Mesh, agiert als aktives System zur Thermoregulation.

Empfehlung: Behandeln Sie Ihre Sommerausrüstung nicht als Mode, sondern als ein Werkzeug zur Aufrechterhaltung Ihrer Fahrsicherheit. Analysieren Sie Ihr aktuelles Setup auf Belüftung, Material und Hydrationsmöglichkeiten, um Hitzestress aktiv zu managen.

Die Sonne brennt auf den Asphalt des Gotthardpasses. Die Luft flimmert. In Ihrer Motorradkombi fühlen Sie sich wie in einem Backofen. Viele Fahrer kennen dieses Gefühl und greifen zu vermeintlich einfachen Lösungen: viel trinken, Pausen im Schatten machen und helle Kleidung tragen. Diese Ratschläge sind zwar nicht falsch, kratzen aber nur an der Oberfläche eines Problems, das weit über blosses Unbehagen hinausgeht. Die wahre Gefahr der Sommerhitze ist unsichtbar: Sie sabotiert Ihr Gehirn, verlangsamt Ihre Reflexe und beeinträchtigt Ihr Urteilsvermögen – genau dann, wenn Sie es auf kurvigen Schweizer Alpenstrassen am meisten brauchen.

Die landläufige Meinung konzentriert sich auf passives Aushalten. Doch was wäre, wenn der Schlüssel zur Sicherheit nicht darin liegt, die Hitze zu ertragen, sondern sie aktiv zu managen? Der entscheidende Perspektivwechsel besteht darin, Ihre Ausrüstung nicht als Schutzhülle, sondern als persönliches Klimamanagement-System zu betrachten. Es geht um Thermoregulation, um die Aufrechterhaltung der kognitiven Leistungsfähigkeit und um die physiologische Abwehr von Gefahren wie Hyperthermie und Dehydration. Dies ist kein Luxus, sondern eine medizinische Notwendigkeit für jeden ernsthaften Fahrer in der Schweiz, wo das Wetter von einem kühlen Alpentunnel zur brütenden Talhitze innert Minuten wechseln kann.

Dieser Artikel beleuchtet aus sportmedizinischer Sicht, wie Ihr Körper unter Hitzestress versagt und wie Sie mit der richtigen, strategischen Ausrüstungswahl Ihre Konzentration und Sicherheit nicht nur bewahren, sondern gezielt steigern. Wir analysieren Materialien, Schutzklassen und Kühlsysteme, um Ihnen ein fundiertes Rüstzeug für heisse Tage an die Hand zu geben.

Um Ihnen eine klare Übersicht zu bieten, haben wir die entscheidenden Aspekte in den folgenden Kapiteln für Sie aufbereitet. Jede Sektion baut auf der vorherigen auf und liefert Ihnen ein komplettes Bild, wie Sie Hitze als Risikofaktor eliminieren.

Warum verlieren Sie bei 32°C in falscher Kleidung 40% Konzentration und Reaktionszeit?

Bei Aussentemperaturen über 30°C wird Ihr Körper unter der Motorradkleidung extrem belastet. Das Problem ist nicht nur Schweiss, sondern eine ernsthafte medizinische Bedrohung namens Hyperthermie – die Überhitzung des Körpers. In ungeeigneter, schlecht belüfteter Ausrüstung kann sich die Hitze stauen und Ihre Kernkörpertemperatur gefährlich ansteigen lassen. Sportmediziner warnen, dass bereits ab 30°C die körpereigene Temperaturregulation an ihre Grenzen stösst. Ohne kühlenden Fahrtwind, etwa im Stadtverkehr oder im Stau, wird die Situation schnell kritisch.

Die physiologischen Folgen sind gravierend. Um die Wärme abzugeben, weiten sich die Blutgefässe (Vasodilatation), das Herz muss schneller pumpen, und der Blutdruck kann sinken. Dies führt zu einer verminderten Blut- und Sauerstoffversorgung des Gehirns. Das Resultat ist ein direkter Angriff auf Ihre kognitive Leistungsfähigkeit. Studien zeigen, dass die Körpertemperatur unter solchen Bedingungen schnell auf Fieberniveau ansteigen kann. Sportmediziner Dr. Christoph Scholl verdeutlicht, dass bei einer erreichten Körpertemperatur von 38,5°C die Unfallgefahr massiv zunimmt. Konzentrationsschwäche, verlangsamte Reaktionszeit und sogar Schwindel sind die direkten Folgen.

Die Auswirkungen sind messbar und alarmierend. Man spricht von einer Reduktion der kognitiven Fähigkeiten um bis zu 40%. Das bedeutet, Ihre Fähigkeit, eine komplexe Verkehrssituation zu analysieren, eine plötzliche Gefahr zu erkennen und korrekt zu reagieren, ist stark eingeschränkt. Das Tragen einer dicken, unbelüfteten Jacke im Sommer ist also nicht nur unangenehm, es ist ein aktives Sicherheitsrisiko.

Wie kombinieren Sie maximale Belüftung mit ausreichendem Sturzschutz?

Die grösste Herausforderung bei Sommerbekleidung ist der Zielkonflikt zwischen maximaler Luftzirkulation und kompromisslosem Schutz. Viele Fahrer greifen aus Bequemlichkeit zu leichten Jacken, die im Falle eines Sturzes jedoch kaum Schutz bieten. Die Lösung liegt in zertifizierter Schutzausrüstung, die speziell für heisse Bedingungen entwickelt wurde. Der Schlüssel zur richtigen Wahl ist die Norm EN 17092. Sie klassifiziert Motorradbekleidung in verschiedene Schutzstufen (von A bis AAA) und gibt Ihnen eine verlässliche Orientierung.

Für den alltäglichen Gebrauch und Touren auf Landstrassen ist die Schutzklasse AA ein exzellenter Kompromiss. Sie bietet hohen Abriebschutz an den sturzgefährdeten Zonen, erlaubt aber durch intelligent platzierte, grosse Belüftungsflächen eine effektive Kühlung. Klasse A ist oft bei urbaner Bekleidung zu finden und bietet maximale Bewegungsfreiheit bei einem Basisschutz, während AAA den höchsten, für die Rennstrecke konzipierten Schutz darstellt.

Der technologische Fortschritt macht heute Kombinationen möglich, die früher undenkbar waren. Ein herausragendes Beispiel aus der Schweiz belegt dies eindrucksvoll:

Fallstudie: Touratech Compañero Ultimate – AAA-Schutz in Textil

Als einer der wenigen Textilkombis weltweit erreichte der Touratech Compañero Ultimate die höchste AAA-Zertifizierung nach EN 17092-2:2020 – ein Niveau, das sonst fast ausschliesslich Lederkombis vorbehalten ist. Durch den Einsatz von hochfestem Dreilagenlaminat und Level-2-Protektoren bietet er maximalen Schutz, gewährleistet aber gleichzeitig durch seine Konstruktion eine hohe Atmungsaktivität für Langstreckenreisen.

Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen schnellen Überblick über die Schutzklassen, um die für Ihren Fahrstil passende Balance zwischen Sicherheit und Komfort zu finden.

Schutzklassen nach EN 17092 im Überblick
Schutzklasse Einsatzbereich Abriebschutz Bewegungsfreiheit
AAA Rennstrecke/Sport Höchster Schutz Eingeschränkt
AA Touring/Landstrasse Hoher Schutz Moderat
A Stadt/Freizeit Basis Schutz Maximal

Mesh-Textil oder perforiertes Leder: Was kühlt bei Schweizer Sommerhitze besser?

Bei der Materialwahl für den Sommer stehen sich zwei Hauptkonkurrenten gegenüber: grossflächiges Mesh-Textil und perforiertes Leder. Beide haben das Ziel, den Fahrtwind zur Kühlung an den Körper zu leiten, doch ihre Funktionsweise und optimalen Einsatzbereiche unterscheiden sich erheblich. Die Wahl hängt stark von Ihren Prioritäten bezüglich Kühlleistung, Schutz und Wettervariabilität ab, wie sie auf Schweizer Touren häufig vorkommt.

Mesh-Textilbekleidung ist der Champion der Belüftung. Sie besteht aus einem sehr luftdurchlässigen Netzgewebe, das an sturzrelevanten Stellen wie Schultern und Ellbogen mit abriebfestem Material (z.B. Cordura) verstärkt ist. Der Fahrtwind kann nahezu ungehindert durch das Gewebe strömen und sorgt für eine maximale Verdunstungskühlung auf der Haut. Diese Effektivität ist so hoch, dass es bei Temperaturen unter 25°C oder in schattigen Waldstücken schnell kühl werden kann. Mesh ist ideal für Fahrten bei grosser Hitze im urbanen Raum und auf langsameren Landstrassen.

Nahaufnahme von Mesh-Textil und perforiertem Leder nebeneinander, die den Unterschied in der Luftdurchlässigkeit zeigen

Perforiertes Leder bietet traditionell den höchsten Abriebschutz. Die Kühlung erfolgt durch tausende kleiner Löcher, die den Luftstrom ermöglichen. Die Kühlwirkung ist jedoch weniger direkt und grossflächig als bei Mesh. Der Vorteil von Leder liegt in seiner überlegenen Schutzwirkung bei hohen Geschwindigkeiten und seiner besseren Eignung für wechselhafte Bedingungen. Es isoliert bei einem plötzlichen Temperatursturz auf einem Alpenpass besser als reines Mesh. Für sportliche Fahrer und bei Touren mit schnellen Etappen, bei denen maximaler Schutz Priorität hat, ist perforiertes Leder oft die bessere Wahl.

Wie Flüssigkeitsverlust bei Hitze Ihr Unfallrisiko um 70% erhöht

Während die richtige Aussenrüstung den Körper vor Überhitzung schützt, lauert im Inneren eine ebenso grosse Gefahr: die Dehydration. Beim Fahren in der Hitze verlieren Sie durch Schwitzen grosse Mengen an Flüssigkeit und wichtigen Elektrolyten. Dieser Verlust geschieht oft unbemerkt, da der Fahrtwind den Schweiss schnell verdunsten lässt. Bereits ein Flüssigkeitsverlust von nur 2% des Körpergewichts – das sind bei einer 80-kg-Person gerade einmal 1,6 Liter – führt zu einem signifikanten Abfall der kognitiven und körperlichen Leistungsfähigkeit.

Die Folgen der Dehydration für einen Motorradfahrer sind fatal: Die Konzentration lässt nach, die Reaktionszeit verlängert sich, und es können Kopfschmerzen und Muskelkrämpfe auftreten. Im Extremfall führt starker Flüssigkeitsverlust zu Schwindel und Desorientierung, was das Unfallrisiko dramatisch erhöht. Es ist daher unerlässlich, proaktiv und strategisch zu trinken, nicht erst, wenn der Durst einsetzt. Denn Durst ist bereits ein Warnsignal des Körpers, dass ein Mangel besteht. Als Faustregel gilt die Empfehlung von Sportmedizinern wie Dr. Christoph Scholl: Motorradfahrer sollten bei Hitze pro Stunde Fahrt mindestens 0,4 Liter bei 80 kg Körpergewicht zu sich nehmen.

Eine durchdachte Hydrationsstrategie ist daher kein optionales Extra, sondern ein zentraler Bestandteil der Fahrsicherheit im Sommer. Die folgende Checkliste hilft Ihnen, Ihre Flüssigkeitszufuhr auf Touren, insbesondere auf anspruchsvollen Schweizer Pässen, optimal zu gestalten.

Ihr Aktionsplan für die Hydration auf heissen Touren

  1. Getränkewahl in Pausen: Trinken Sie bewusst Mineralwasser oder isotonische Getränke. Vermeiden Sie zuckerhaltige Limonaden und insbesondere alkoholische Getränke, da diese dem Körper zusätzlich Wasser entziehen.
  2. Snacks strategisch wählen: Bevorzugen Sie leichte, wasserhaltige Snacks wie Obst (Wassermelone, Trauben) oder Gemüse (Gurken) anstelle von schweren, fettigen Mahlzeiten, deren Verdauung den Körper zusätzlich belastet.
  3. Isotonische Getränke einplanen: Bei langen, anstrengenden Touren verliert der Körper nicht nur Wasser, sondern auch wichtige Mineralstoffe. Isotonische Getränke oder Elektrolytpulver im Wasser helfen, diesen Verlust auszugleichen.
  4. Pausen proaktiv nutzen: Planen Sie alle 60-90 Minuten eine kurze Pause im Schatten ein, auch wenn Sie sich noch fit fühlen. Nutzen Sie diese Zeit konsequent zum Trinken.
  5. Trinksystem für die Fahrt: Die effektivste Methode ist ein Trinkrucksack mit Schlauchsystem. Er ermöglicht es Ihnen, während der Fahrt regelmässig kleine Schlucke zu nehmen, ohne anhalten zu müssen, und so den Flüssigkeitspegel konstant zu halten.

Ab welcher Temperatur rechtfertigt sich eine 180-CHF-Kühlweste?

Wenn selbst die beste belüftete Jacke und eine optimale Hydration an ihre Grenzen stossen, kommen aktive Kühlsysteme ins Spiel. Die bekannteste und effektivste Lösung ist die Kühlweste. Doch ab wann ist die Investition von rund 100 bis 200 CHF wirklich sinnvoll? Die Antwort hängt von der Intensität und Dauer der Hitzebelastung ab. Für Schweizer Verhältnisse wird eine solche Weste ab anhaltenden Temperaturen von über 28-30°C zu einem wertvollen Sicherheitsinstrument.

Kühlwesten funktionieren meist nach dem Prinzip der Verdunstungskälte. Man tränkt sie in Wasser, wringt sie aus und trägt sie unter der (idealerweise luftdurchlässigen) Motorradjacke. Der Fahrtwind strömt über die feuchte Weste und erzeugt einen starken Kühleffekt, der die gefühlte Temperatur um 5 bis 8 Grad senken kann. Dies entlastet den Kreislauf erheblich, reduziert die Schweissproduktion und hilft, die kognitive Leistungsfähigkeit über mehrere Stunden aufrechtzuerhalten. Die Erfahrung eines Ganzjahresfahrers unterstreicht den Nutzen:

Ich bin bei jedem Wetter unterwegs – wenn die Temperatur >30 Grad steigt, kommt eine Kühlweste drunter. Kostet kein Vermögen und kühlt mehrere Stunden gefühlt um 5-8 Grad runter.

– Ein erfahrener Fahrer aus einer Motorrad-Community

Die Relevanz solcher Technologien nimmt in der Schweiz stetig zu. Der Klimawandel führt zu häufigeren und intensiveren Hitzewellen im Sommer. Daten von MeteoSchweiz belegen einen Temperaturanstieg von rund 2,5°C seit Beginn der Messungen, was deutlich über dem globalen Durchschnitt liegt. Eine Kühlweste ist somit nicht mehr nur ein Gadget für Extremtouren, sondern wird zunehmend zu einer rationalen Investition in die Fahrsicherheit für reguläre Sommertouren in der Schweiz.

Wie falsche Sommerausrüstung zu Hitzeerschöpfung und Konzentrationsverlust führt

Ein weit verbreiteter und gefährlicher Irrglaube ist, dass eine Ganzjahresjacke mit herausnehmbarem Thermofutter und Belüftungsreissverschlüssen automatisch eine gute Sommerjacke ist. Das Kernproblem liegt oft in der integrierten Klimamembran (z.B. Gore-Tex). Diese Membranen sind konzipiert, um von aussen wasserdicht und von innen „atmungsaktiv“ zu sein. Doch diese Atmungsaktivität hat physikalische Grenzen.

Die Funktion einer solchen Membran basiert auf einem Temperatur- und Dampfdruckgefälle zwischen der Innenseite (warm, feucht) und der Aussenseite (kühler, trockener). Sie funktioniert hervorragend bei kühlem oder mildem Wetter. Steigt die Aussentemperatur jedoch auf über 20-22°C, bricht dieses Gefälle zusammen. Die heisse, oft feuchte Aussenluft verhindert, dass der Schweiss effektiv nach aussen transportiert wird. Stattdessen kondensiert die Feuchtigkeit auf der Innenseite der Membran. Sie fahren quasi in Ihrer eigenen, tropischen Klimakammer. Es entsteht ein gefährlicher Hitzestau.

Ein erschöpfter Motorradfahrer macht eine Pause im Schatten, Anzeichen von Hitzestress sind sichtbar

Dieser Effekt führt direkt zur Hitzeerschöpfung. Die Symptome sind verräterisch: starke Ermüdung, Schwächegefühl, Kopfschmerzen, Übelkeit und vor allem ein massiver Konzentrationsverlust. Sie sind nicht mehr in der Lage, die anspruchsvolle Aufgabe des Motorradfahrens sicher zu bewältigen. Ein führender Sportmediziner bringt die Gefahr auf den Punkt:

Textilkleidung mit Membran: Sie glauben, die Klamotten sind atmungsaktiv, aber das stimmt nur bei Aussentemperaturen bis knapp über 20 Grad, denn darüber versagt die Funktion dieser Bekleidung.

– Dr. Christoph Scholl, Sportmediziner und Rennarzt

Für echte Sommerhitze ist eine Jacke ohne feste Klimamembran, idealerweise aus Mesh-Gewebe oder mit grossen, direkten Belüftungsöffnungen (die nicht durch eine Membran blockiert sind), die einzig sichere Wahl. Eine separate, packbare Regenjacke für plötzliche Schauer ist die weitaus flexiblere und sicherere Strategie.

Die Bekleidungs-Falle, die 70% der Pendler im Frühjahr erschöpft ankommen lässt

Besonders Pendler, die einen erheblichen Teil der über 500’000 Motorräder in der Schweiz ausmachen, tappen im Frühling und Frühsommer oft in eine thermische Falle. Morgens ist es kühl, vielleicht 12°C, also zieht man die wärmere Kombi oder zumindest eine Jacke mit Thermofutter an. Auf dem Heimweg am Nachmittag klettert das Thermometer jedoch auf 25°C oder mehr. Die für den Morgen passende Kleidung wird nun zur Sauna, der Körper überhitzt im Feierabendverkehr, und man kommt völlig erschöpft und unkonzentriert zu Hause an.

Diese tägliche thermische Belastung zehrt an den Kräften und stellt ein unnötiges Sicherheitsrisiko dar. Die Lösung für dieses Problem ist das altbewährte, aber oft ignorierte Zwiebelprinzip, modern interpretiert für Motorradfahrer. Es geht darum, sich durch mehrere, anpassungsfähige Schichten an die wechselnden Temperaturen des Tages anzupassen, anstatt auf eine einzige, unflexible Aussenschicht zu vertrauen.

Eine effektive Zwiebelstrategie für Pendler könnte so aussehen:

  • Basisschicht: Hochwertige Funktionsunterwäsche. Sie leitet Schweiss vom Körper weg und hält die Haut trocken, was sowohl bei Kälte wärmt als auch bei Hitze kühlt.
  • Isolationsschicht (optional): Eine dünne Fleece- oder Softshelljacke für den kühlen Morgen, die sich klein verpacken und mittags im Rucksack oder Koffer verstauen lässt.
  • Aussenschicht: Eine Sommerjacke mit grossen Belüftungsöffnungen (Mesh oder Textil mit Direktbelüftung). Für den Morgen werden die Lüftungen geschlossen und die Isolationsschicht darunter getragen. Für den heissen Nachhauseweg wird die Isolationsschicht entfernt und alle Lüftungen geöffnet.
  • Zusatzschutz: Eine leichte, packbare Wind- oder Regenweste kann bei Bedarf schnell übergezogen werden, um bei einem plötzlichen Temperaturabfall oder auf einer Passhöhe den Oberkörper vor Auskühlung zu schützen.

Dieses System erfordert zwar etwas mehr Planung, erhöht aber Komfort und Sicherheit um ein Vielfaches. Sie kommen nicht nur entspannter, sondern auch wacher und leistungsfähiger an Ihrem Ziel an.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hitzestress ist ein kognitives Risiko: Überhitzung reduziert Ihre Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit drastisch und ist eine direkte medizinische Gefahr, keine reine Komforteinbusse.
  • Ausrüstung ist Thermoregulation: Wählen Sie Ihre Sommerkleidung strategisch (Schutzklasse AA, Mesh-Gewebe ohne Membran), um die Körpertemperatur aktiv zu managen.
  • Proaktive Hydration ist Pflicht: Trinken Sie regelmässig und bevor der Durst kommt (ca. 0.4l/h), idealerweise über ein Trinksystem, um Dehydration und den damit verbundenen Leistungsabfall zu verhindern.

Wie wasserdichte Ausrüstung Sie vor Unterkühlung und 50% weniger Unfällen bei Nässe bewahrt

Ein typischer Schweizer Sommertag, besonders in den Alpen, kann alles bieten: brütende Hitze im Tal und nur eine Stunde später einen kalten Regenschauer auf dem Pass. Während der Fokus oft auf der Hitze liegt, ist die Gefahr der plötzlichen Kälte und Nässe ebenso gravierend für Ihre kognitive Leistungsfähigkeit. Nasse Kleidung führt durch den Windchill-Effekt zu einer rapiden Auskühlung des Körpers, der sogenannten Hypothermie. Der Körper verbraucht enorme Energie, um die Kerntemperatur zu halten, was zu Zittern, Konzentrationsschwäche und verlangsamten Reflexen führt – genau wie bei der Überhitzung.

Die richtige wasserdichte Ausrüstung ist daher die zweite Säule des thermischen Managements im Sommer. Der Fehler, eine schwere Tourenjacke mit fester Klimamembran zu tragen, wurde bereits erläutert. Die intelligentere Strategie ist ein modulares System: eine hochatmungsaktive, unbelüftete Sommer-Ausrüstung als Basis, kombiniert mit einer leichten, klein verpackbaren und qualitativ hochwertigen separaten Regenkombi. Dieses System bietet maximale Flexibilität: Bei Hitze geniessen Sie die volle Belüftung, und bei einem Wetterumschwung ist der Regenschutz in wenigen Minuten übergezogen.

Dieser Ansatz hat entscheidende Vorteile gegenüber integrierten Membranen. Eine externe Regenkombi hält nicht nur Sie, sondern auch Ihre eigentliche Schutzkleidung trocken. Eine vollgesogene Textiljacke wird schwer, kühlt den Körper auch nach dem Regen weiter aus und braucht ewig zum Trocknen. Eine trockene Basisschicht unter der Regenkombi isoliert hingegen effektiv und hält Sie warm und leistungsfähig. Das Management von Extremtemperaturen, sei es Hitze oder Kälte, ist der Schlüssel zur Aufrechterhaltung der Konzentration. Indem Sie sowohl Überhitzung als auch Unterkühlung aktiv verhindern, reduzieren Sie die Hauptursachen für witterungsbedingte Fahrfehler und erhöhen Ihre Sicherheit signifikant.

Ein modulares System ist der Schlüssel zur Bewältigung der Extreme. Verstehen Sie, wie Sie sich mit der richtigen Strategie vor Hitze und Kälte schützen.

Überprüfen Sie Ihre Ausrüstung noch heute mit diesem neuen Wissen. Eine Investition in ein modulares, an die Schweizer Bedingungen angepasstes Bekleidungssystem ist eine direkte Investition in Ihre kognitive Leistungsfähigkeit und damit in Ihre Sicherheit bei jeder Sommertour.

Häufige Fragen zum Fahren bei Hitze

Sind normale Turnschuhe im Sommer akzeptabel?

Niemals. Auch wenn sie luftig erscheinen, bieten sie keinerlei Knöchelschutz oder Abriebfestigkeit. Spezielle, perforierte Sommer-Motorradstiefel oder zertifizierte Motorrad-Sneakers sind die einzig sichere Alternative. Sie kombinieren den notwendigen Schutz mit einer deutlich besseren Belüftung als schwere Winterstiefel.

Wann sollte ich eine Tour wegen Hitze abbrechen?

Sofort und ohne Zögern bei den ersten Anzeichen von Hitzestress. Dazu gehören Schwindel, aufkommende Übelkeit, plötzliche Kopfschmerzen, Desorientierung oder ein spürbares Nachlassen der Konzentration. Suchen Sie den nächstmöglichen schattigen Ort, trinken Sie Wasser und kühlen Sie sich ab. Die Tour fortzusetzen wäre ein unkalkulierbares Risiko.

Geschrieben von Claudia Fischer, Claudia Fischer ist Sicherheitsingenieurin und zertifizierte Produkttesterin für Motorrad-Schutzausrüstung mit 12 Jahren Erfahrung in der Prüfung und Bewertung von Schutzbekleidung nach europäischen CE-Normen.