Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Für über 85% der realen Fahrszenarien in der Schweiz ist ein moderner Roadster nicht nur ein Kompromiss, sondern die überlegene Ein-Motorrad-Lösung.

  • Er bietet maximal nutzbare Leistung auf Passstrassen und im Alltag, wo Superbikes scheitern.
  • Die Gesamtkosten für Versicherung und Unterhalt sind signifikant niedriger als bei hochspezialisierten Modellen.

Empfehlung: Bewerten Sie Ihr nächstes Motorrad nach seinem realen Nutzen für Ihren Alltag, nicht nach Marketing-Versprechen oder maximaler PS-Zahl.

Der Traum vieler Motorradfahrer in der Schweiz ist klar umrissen: die glänzende Silhouette eines Superbikes, das pure Leistung verspricht. Oder vielleicht ein voll ausgestatteter Touring-Gigant, bereit für das Nordkap. Doch die Realität im heimischen Einstellhallenplatz sieht oft anders aus. Der Platz ist für ein einziges Motorrad reserviert. Es muss den täglichen Weg zur Arbeit meistern, am Wochenende die Pässe erobern und vielleicht sogar die zweiwöchige Tour durch die Alpen bewältigen. Die gängige Meinung diktiert, dass man für jeden Zweck ein Spezialgerät bräuchte – ein Trugschluss, der oft in Frustration und hohen Kosten endet.

Die Industrie lebt von dieser Idee der Spezialisierung. Sie verkauft uns das Bild vom perfekten Werkzeug für jede noch so kleine Nische. Doch was, wenn der wahre Schlüssel nicht in der hyper-spezialisierten Nische, sondern in der intelligenten Vielseitigkeit liegt? Was, wenn das pragmatischste Motorrad auf dem Markt – der Roadster – in Wahrheit die rationalste und gleichzeitig spassigste Wahl für den Schweizer Alltag ist? Dieser Artikel bricht mit dem Mythos der notwendigen Spezialisierung und zeigt auf, warum der Fokus auf nutzbare Performance und reale Betriebskosten Sie zu einem besseren und zufriedeneren Fahrer macht.

Wir analysieren, warum ein Roadster die meisten Fahrszenarien besser abdeckt, wie er langstreckentauglich wird und warum er auf Schweizer Pässen oft die bessere Figur macht als ein teurer Sport-Tourer. Wir entlarven die „Spezialisierungs-Falle“, die zu teuren Zweitkäufen führt, und stellen die entscheidende Frage nach der wirklich benötigten Leistung. Schliesslich erhalten Sie einen klaren Leitfaden, um im Dschungel der Modelle die richtige, pragmatische Wahl zu treffen.

Warum deckt ein Roadster 85% Ihrer Fahrszenarien besser ab als ein Superbike?

Die Antwort liegt in einer einfachen, aber oft ignorierten Wahrheit: Die meisten Kilometer werden nicht auf der Rennstrecke oder auf endlosen Geraden abgespult, sondern im realen Schweizer Verkehrsalltag. Ein Roadster ist genau für dieses 85%-Szenario konzipiert. Seine aufrechte, komfortable Sitzposition bietet nicht nur auf langen Strecken Vorteile, sondern vor allem im Stadtverkehr und auf kurvigen Landstrassen eine überlegene Übersicht und Kontrolle. Während ein Superbike-Fahrer gebückt auf seinen Stummeln kauert, navigiert der Roadster-Pilot entspannt durch den Feierabendverkehr.

Diese Alltagstauglichkeit schlägt sich auch in den Betriebskosten nieder. Die Versicherungsprämien sind ein entscheidender Faktor. Eine aktuelle Analyse der Schweizer Motorradversicherungen zeigt, dass die Kosten je nach Modell und Leistungsklasse erheblich variieren. Roadster bewegen sich hier oft im günstigeren Spektrum, während Superbikes die Prämien in die Höhe treiben.

Die folgende Gegenüberstellung verdeutlicht, warum der Roadster in den wichtigsten Disziplinen des Alltags die Nase vorn hat. Wie eine vergleichende Analyse der Alltagstauglichkeit aufzeigt, sind die Vorteile praxisrelevant und direkt spürbar.

Vergleich der Alltagstauglichkeit: Roadster vs. Superbike
Kriterium Roadster (z.B. MT-07) Superbike
Sitzposition Aufrecht, komfortabel Sportlich gebeugt
Stadtverkehr Sehr gut manövrierbar Eingeschränkt
Leistungsnutzung legal 80-90% Unter 40%
Verkaufsrang Schweiz Bestseller seit Jahren Nischensegment

Letztendlich ist es die Summe dieser pragmatischen Vorteile, die den Roadster zur intelligenteren Wahl macht. Er opfert nicht 85% der Alltagstauglichkeit für 15% theoretische Rennstrecken-Performance, die im Schweizer Strassennetz ohnehin kaum legal abrufbar ist. Er ist das Motorrad für die Realität, nicht für den Prospekt.

Wie machen Sie Ihren Roadster in 5 Schritten langstreckentauglich für 600 km?

Das grösste Vorurteil gegenüber Roadstern ist ihre vermeintlich mangelnde Tourentauglichkeit. Fehlender Windschutz und eine „nackte“ Optik suggerieren, dass nach 200 Kilometern Schluss ist. Das ist ein Mythos. Mit gezielten und oft kostengünstigen Anpassungen wird aus fast jedem Roadster ein kompetenter Langstreckenbegleiter, der auch Etappen von 600 Kilometern und mehr meistert, ohne dass der Fahrer komplett gerädert absteigt.

Der Schlüssel liegt in der schrittweisen Optimierung von Ergonomie, Windschutz und Gepäckkapazität. Viele Zubehörhersteller haben diesen Bedarf erkannt und bieten modulare Systeme an, die den Charakter des Roadsters nicht zerstören, sondern seine Vielseitigkeit erweitern. So lässt sich das Motorrad für die grosse Tour aufrüsten und danach mit wenigen Handgriffen wieder in den agilen Stadtflitzer zurückverwandeln. Moderne Gepäcksysteme sind ein perfektes Beispiel dafür.

Roadster mit montiertem Gepäcksystem für eine Alpentour, der die Tourentauglichkeit demonstriert.

Wie die Abbildung zeigt, integrieren sich moderne, wasserdichte Hecktaschen harmonisch in die Linien des Motorrads, ohne die Aerodynamik oder das Handling negativ zu beeinflussen. Folgender 5-Punkte-Plan dient als Leitfaden für die Transformation:

  1. Ergonomie optimieren: Eine Lenkererhöhung und eine Komfortsitzbank können Wunder wirken. Sie ermöglichen eine entspanntere Haltung, die auch 8-Stunden-Etappen erträglich macht.
  2. Windschutz anpassen: Ein flexibles, oft abnehmbares Windschild ist die Lösung. Es muss nicht riesig sein. Ein Schild, das den Winddruck vom Oberkörper nimmt, reicht oft schon aus, um die Ermüdung drastisch zu reduzieren.
  3. Gepäcklösungen wählen: Wasserdichte Softbag-Systeme wie die von Kriega sind ideal. Sie sind leicht, flexibel und perfekt für die unbeständigen Wetterbedingungen auf Schweizer Alpenpässen.
  4. Beheizte Griffe nachrüsten: Eine der besten Investitionen für Touren in den Alpen. Frühe Passfahrten am Morgen oder späte Rückfahrten am Abend werden damit deutlich angenehmer.
  5. Navigationssystem installieren: Eine stabile Smartphone-Halterung mit Ladefunktion ist heute Standard. Achten Sie darauf, dass Sie Apps für die digitale Vignette oder für Pass-Sperrungen gut im Blick haben.

Mit diesen Anpassungen wird der Roadster zum wahren Alleskönner. Er beweist, dass man keine 250+ Kilo schwere Tourenmaschine braucht, um Europa zu erkunden. Man braucht nur ein gutes Basismotorrad und die richtigen Modifikationen.

Nackter Roadster oder Sport-Tourer: Was für gemischte Stadt-Pass-Nutzung in der Schweiz?

Für den typischen Schweizer Fahrer, dessen Revier aus Stadtverkehr und Alpenpässen besteht, scheint der Sport-Tourer oft die logische Wahl. Er verspricht den Komfort eines Tourers mit der Leistung eines Sportlers. Doch in der Praxis entpuppt sich der leichtere, agilere Roadster oft als das überlegene Werkzeug, gerade in den engen Kehren der Schweizer Alpen. Der angebliche Komfortvorteil des Sport-Tourers wird durch sein höheres Gewicht und seine ausladenderen Dimensionen schnell zunichtegemacht.

Ein konkretes Beispiel untermauert diese These. Die klassische Schweizer Pässe-Runde über Furka (2436m), Grimsel (2165m) und Susten (2224m) ist ein Härtetest für jedes Motorrad. Auf dieser rund 120 km langen Strecke mit ihren unzähligen Serpentinen und schnellen Richtungswechseln spielt ein nackter Roadster seine Stärken voll aus. Die aufrechte Sitzposition ermöglicht eine bessere Voraussicht in engen Kehren, während das geringere Gewicht das Handling spürbar erleichtert. Insbesondere auf anspruchsvollen Abschnitten wie der berühmten Tremola-Kopfsteinpflaster-Passage am Gotthard ist jedes Kilo weniger ein Segen.

Die Dominanz des Roadster-Konzepts im Schweizer Markt ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis purer Zweckmässigkeit, wie Experten bestätigen. In einer Analyse von Cruizador Culture heisst es treffend:

Die Yamaha MT-07 ist nicht ohne Grund seit mehreren Jahren das meistverkaufte Motorrad in der Schweiz. Leicht, wendig und mit drehmomentstarkem Twin-Zylinder ausgestattet, ist sie für Gymkhana, Kurvenpositioning und Alltagsfahrten gleichermaßen geeignet.

– Cruizador Culture, Why are roadsters the best road bikes

Während ein Sport-Tourer auf der Autobahn seine Stärken ausspielt, ist er auf dem Terrain, das den Schweizer Motorradalltag ausmacht, oft nur die zweitbeste Wahl. Der Roadster ist hier nicht der Kompromiss, sondern der Spezialist für das Wesentliche: maximalen Fahrspass auf kurvigen Strassen.

Die Spezialisierungs-Falle, die Sie nach 2 Jahren zum teuren Zweitbike zwingt

Die „Spezialisierungs-Falle“ ist ein weit verbreitetes Phänomen. Es beginnt mit dem Kauf eines hochspezialisierten Motorrads – oft eines Superbikes. Die Faszination der reinen Leistung und der Rennsport-Optik ist überwältigend. Doch nach der ersten Euphorie folgt die ernüchternde Realität des Alltags. Die radikale Sitzposition schmerzt im Stadtverkehr, die Leistung ist auf 80 km/h begrenzten Landstrassen frustrierend ungenutzt, und die hohen Betriebskosten belasten das Budget.

Ein Erfahrungsbericht eines ehemaligen Panigale-Besitzers fasst das Dilemma perfekt zusammen: Nach nur einer Saison auf Schweizer Pässen wurde ihm klar, dass er das Potenzial seiner Maschine bei den strengen Tempolimits und in den engen Serpentinen nie auch nur annähernd ausschöpfen konnte. Die brutale Leistung war nutzlos. Die Kombination aus hohen Service-Intervallen und exorbitant hohen Versicherungsprämien führte schliesslich zum Verkauf und dem Wechsel auf einen vielseitigeren Roadster. Er war in die Falle getappt.

Dieser finanzielle Aspekt darf nicht unterschätzt werden. Es geht nicht nur um den Kaufpreis, sondern um die gesamten Unterhaltskosten. Wie Schweizer Versicherungsexperten bestätigen, die Vollkasko-Prämien für Superbikes als bis zu dreimal teurer einstufen, wird die Haltung eines solchen Spezialgeräts schnell zum Luxus. Nach spätestens zwei Jahren entsteht der Wunsch nach einem „vernünftigen“ Zweitmotorrad für den Alltag – eine extrem teure Konsequenz einer einzigen anfänglichen Fehlentscheidung.

Ein Fahrer geniesst eine dynamische Kurvenfahrt auf einem Roadster auf einem Schweizer Bergpass und demonstriert zugänglichen Fahrspass.

Der Ausweg aus dieser Falle ist ein Umdenken vor dem Kauf. Anstatt nach dem extremsten Modell zu suchen, sollte der Fokus auf dem breitesten Anwendungsbereich liegen. Der Roadster verkörpert genau diesen Ansatz. Er liefert zugänglichen Fahrspass und hohe Performance dort, wo es zählt, ohne die finanziellen und ergonomischen Nachteile der extremen Spezialisierung.

Brauchen Sie wirklich ein Superbike oder reicht ein 100-PS-Roadster?

Diese Frage zielt auf das Herz der modernen Motorrad-Debatte. Die Marketingabteilungen haben uns jahrzehntelang eingetrichtert, dass mehr Leistung immer besser ist. 200 PS sind das neue Statussymbol. Doch stellt man diese Zahl in den Kontext der Schweizer Strassenverkehrsordnung, bricht das Kartenhaus der reinen Leistungsdaten schnell zusammen. Die Realität ist, dass diese Leistung fast nie legal oder sicher genutzt werden kann.

Fakt ist: Auf einer Schweizer Autobahn, auf der maximal 120 km/h erlaubt sind, benötigt ein modernes Motorrad nur einen Bruchteil seiner potenziellen Leistung, um diese Geschwindigkeit zu halten. Eine Analyse der Schweizer Strassenverhältnisse zeigt, dass bei Tempolimit 120 km/h oft nur 40% der Superbike-Leistung überhaupt abgerufen werden. Die restlichen 60% sind reiner Ballast – teuer im Kauf, teuer in der Versicherung und eine ständige Quelle der Frustration, weil man sie nie entfesseln darf.

Ein moderner 100-PS-Roadster kehrt diese Gleichung um. Anstatt 40% einer unbrauchbaren Leistung zu nutzen, kann sein Fahrer 90% einer perfekt dosierbaren und aufregenden Leistung geniessen. Auf einer kurvigen Passstrasse ist die Fähigkeit, das Gas am Scheitelpunkt einer Kehre voll aufzuziehen, ohne Angst vor einem katapultartigen Abflug haben zu müssen, der wahre Luxus. Es ist die Freude an der voll ausgeschöpften Leistung, die den Fahrspass definiert, nicht die theoretische Zahl auf dem Datenblatt.

Das Gefühl, ein Motorrad an seinem Limit zu bewegen und seine Fähigkeiten voll auszunutzen, ist ungleich befriedigender als das ständige Zügeln einer übermächtigen Bestie. Ein Roadster mit 100 PS ist kein Kompromiss, er ist die intelligente Antwort auf die Frage nach der wirklich nutzbaren Performance im realen Leben.

Warum führt Auswahl unter 200 Modellen bei 80% zu Fehlkauf innerhalb eines Jahres?

Die schiere Menge an verfügbaren Motorradmodellen ist heute grösser als je zuvor. Über 200 verschiedene Optionen buhlen um die Gunst der Käufer. Was wie ein Paradies der Möglichkeiten aussieht, ist in Wahrheit oft ein direkter Weg zur falschen Entscheidung. Dieses Phänomen ist als „Paradox of Choice“ bekannt: Eine zu grosse Auswahl führt zu Entscheidungs-Lähmung und, schlimmer noch, zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, die getroffene Wahl im Nachhinein zu bereuen.

Motorradkäufe werden oft emotional getrieben. Man verliebt sich in ein Bild aus einem Magazin, in den Sound eines Videos oder in das Versprechen von Status und Leistung. Die Marketing-Maschinerie ist darauf ausgelegt, diese irrationalen Impulse zu verstärken. Der Käufer erwirbt ein Image, keine Lösung für sein reales Fahrprofil. Das Ergebnis ist ein Motorrad, das fantastisch aussieht, aber für den täglichen Weg zur Arbeit, die engen Gassen der Altstadt oder die realen Strassenverhältnisse in der Schweiz schlicht unpraktisch ist. Die Enttäuschung ist vorprogrammiert.

Um diesem Muster zu entgehen, ist ein strukturierter, rationaler Ansatz erforderlich. Anstatt sich von der Flut der Optionen überwältigen zu lassen, müssen Sie den Prozess umkehren. Definieren Sie zuerst Ihre Bedürfnisse und filtern Sie dann den Markt. Der folgende Aktionsplan hilft Ihnen, die Auswahl systematisch einzugrenzen und einen teuren Fehlkauf zu vermeiden.

Ihr Aktionsplan zur Vermeidung eines Fehlkaufs

  1. Kontaktpunkte definieren: Listen Sie alle Kanäle auf, über die Sie Informationen erhalten (Testberichte, Foren, Händlergespräche, Freunde) und bewerten Sie deren Objektivität.
  2. Annahmen inventarisieren: Schreiben Sie Ihre tiefsitzenden Annahmen auf (z.B. „Ich brauche mindestens 120 PS“, „Eine Kardanwelle ist Pflicht“, „Italienische Motorräder sind unzuverlässig“).
  3. Realitäts-Check durchführen: Konfrontieren Sie jede Annahme mit Ihrem tatsächlichen, prozentualen Fahrprofil (z.B. 70% Pendeln, 20% Wochenend-Pässe, 10% Mehrtagestour).
  4. Nutzen vs. Marketing trennen: Bewerten Sie Features kritisch. Ist ein Quickshifter für den Stadtverkehr wirklich ein entscheidender Vorteil oder nur ein teures Extra?
  5. Probefahrt-Plan erstellen: Planen Sie gezielte und vergleichbare Probefahrten mit den 2-3 Kandidaten, die nach diesem Filterprozess übrig bleiben, um die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schliessen.

Dieser strukturierte Ansatz verwandelt einen emotionalen Impulskauf in eine fundierte, rationale Entscheidung. Er stellt sicher, dass das gewählte Motorrad nicht nur für das Auge, sondern vor allem für Ihren Alltag passt.

Das Wichtigste in Kürze

  • In der realen Schweizer Fahrumgebung ist ein Roadster einem Superbike in 85% der Fälle überlegen.
  • Die „Spezialisierungs-Falle“ führt durch den Kauf von Nischen-Motorrädern zu hohen Kosten und oft zu einem teuren Zweitbike.
  • Der Fokus sollte auf „nutzbarer Performance“ und den Gesamtbetriebskosten liegen, nicht auf maximaler PS-Zahl oder Marketing-Hype.

Warum brauchen wartungsarme Modelle 60% weniger Werkstattzeit als komplexe?

Der pragmatische Motorradfahrer denkt über den Kaufpreis hinaus. Die wahren Kosten eines Motorrads zeigen sich erst im Laufe der Jahre, und hier spielt der Wartungsaufwand eine entscheidende Rolle. Komplexe, hochgezüchtete Motoren und filigrane Elektroniksysteme mögen auf dem Papier beeindrucken, in der Werkstattrechnung können sie jedoch zum Albtraum werden. Ein wartungsarmes Modell reduziert nicht nur die direkten Kosten, sondern maximiert auch die wichtigste Ressource: Ihre Zeit auf der Strasse.

Die Gründe für die massiven Unterschiede im Wartungsaufwand sind technischer Natur. Ein zentraler Punkt ist der Sekundärantrieb. Ein Motorrad mit Kardanantrieb (Welle) erfordert, abgesehen von gelegentlichen Ölwechseln, praktisch keine Wartung. Im Gegensatz dazu muss eine Antriebskette regelmässig gereinigt, geschmiert und gespannt werden – eine Arbeit, die bei Ganzjahresnutzung in der Schweiz schnell lästig wird und bei Vernachlässigung zu teurem, vorzeitigem Verschleiss führt.

Ein weiterer Faktor ist die Komplexität des Motors. Motoren, bei denen beispielsweise für die Ventilspielkontrolle der halbe Rahmen demontiert werden muss, verursachen extrem hohe Arbeitskosten. Einfacher aufgebaute Triebwerke, bei denen Servicepunkte leicht zugänglich sind, sparen bares Geld. Auch die schiere Menge an Elektronik spielt eine Rolle. Jedes zusätzliche Steuergerät, jeder Sensor und jeder Aktuator ist eine potenzielle Fehlerquelle nach Ablauf der Garantiezeit. Ein Modell mit einer bewährten, reduzierten Elektronikausstattung ist langfristig oft die zuverlässigere und günstigere Wahl.

Für einen Schweizer Fahrer bedeutet das: Die Wahl eines Modells mit Kardanantrieb, einem servicefreundlichen Motor und einer rationalen Elektronikausstattung ist eine bewusste Investition in die Zukunft. Es ist die Entscheidung für mehr Fahrzeit und weniger Werkstattzeit, für kalkulierbare Kosten und für eine sorgenfreiere Haltung über viele Jahre hinweg.

Wie Sie unter 200 Modellen in 30 Minuten die richtige Auswahl treffen

Nachdem wir die Fallstricke und Prinzipien analysiert haben, lässt sich der Auswahlprozess auf einen hocheffizienten, 30-minütigen mentalen Rahmen reduzieren. Es geht nicht darum, in dieser Zeit einen Kaufvertrag zu unterschreiben, sondern darum, die grosse, unübersichtliche Auswahl von über 200 Modellen auf eine überschaubare Shortlist von zwei bis drei hochrelevanten Kandidaten zu reduzieren. Dies schützt Sie vor Marketing-Verlockungen und stundenlanger, unproduktiver Recherche.

Schritt 1 (10 Minuten): Definieren Sie Ihr 85%-Szenario. Seien Sie brutal ehrlich zu sich selbst. Nehmen Sie ein Blatt Papier und notieren Sie, wie Sie Ihr Motorrad wirklich nutzen werden, nicht, wie Sie es gerne nutzen würden. Zum Beispiel: 70% Pendeln unter 30 km, 20% Wochenendausfahrt auf Pässe, 10% eine grosse Tour pro Jahr. Dieses Profil ist Ihr wichtigster Filter. Ein Motorrad, das im 70%-Szenario nicht brilliert, ist das falsche, egal wie gut es in den restlichen 30% ist.

Schritt 2 (10 Minuten): Setzen Sie ein realistisches Gesamtbudget. Definieren Sie nicht nur den maximalen Kaufpreis, sondern Ihr Budget für die ersten zwei Jahre. Rechnen Sie den Kaufpreis, die geschätzten Vollkasko-Versicherungsprämien (online leicht recherchierbar), die Steuern und die Kosten für den ersten grossen Service zusammen. Dieser „Total Cost of Ownership“-Ansatz entlarvt vermeintliche Schnäppchen, die sich als Kostenfallen erweisen, und favorisiert pragmatische, unterhaltsgünstige Modelle.

Schritt 3 (10 Minuten): Erstellen Sie die Shortlist für die Probefahrt. Mit Ihrem Nutzungsprofil und Ihrem Gesamtbudget als Filter durchsuchen Sie nun die Webseiten der Hersteller oder Testportale. Schliessen Sie alles aus, was nicht passt. Ein Superbike fällt für das 70%-Pendel-Profil raus. Eine 300-Kilo-Reiseenduro ist für die Stadt überdimensioniert. Übrig bleiben wahrscheinlich wenige Modelle, typischerweise aus dem Segment der Roadster oder vielseitigen Allrounder. Diese 2-3 Motorräder sind Ihre Kandidaten für eine ausgiebige Probefahrt.

Dieser 30-Minuten-Prozess ersetzt wochenlanges Zögern durch eine klare, logische Strategie. Er stellt sicher, dass Ihre endgültige Entscheidung auf Fakten und Selbstreflexion basiert, nicht auf einer flüchtigen Emotion.

Beginnen Sie noch heute damit, diesen pragmatischen Ansatz auf Ihre Suche anzuwenden. Vereinbaren Sie Probefahrten nicht mit den Motorrädern, die Sie beeindrucken, sondern mit denen, die wirklich zu Ihrem Leben passen. Das ist der direkte Weg zu langfristiger Zufriedenheit im Sattel.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Roadster als Allzweck-Motorrad

Was ist der Hauptvorteil eines Roadsters gegenüber einem Superbike im Alltag?

Die aufrechte Sitzposition, die bessere Manövrierbarkeit im Stadtverkehr und die deutlich niedrigeren Betriebskosten (Versicherung, Wartung) machen den Roadster zur praktischeren und rationaleren Wahl für den täglichen Gebrauch in der Schweiz.

Kann ein 100-PS-Roadster auch Spass auf der Rennstrecke machen?

Ja, absolut. Moderne Roadster wie eine Yamaha MT-07 oder eine Triumph Street Triple sind durchaus rennstreckentauglich. Sie bieten dort ein sehr lehrreiches und agiles Fahrverhalten und ermöglichen es dem Fahrer, das Potenzial des Motorrads voll auszuschöpfen, was oft spassiger ist als das ständige Bändigen eines 200-PS-Superbikes.

Geschrieben von Martin Keller, Martin Keller ist selbstständiger Occasionshändler und zertifizierter Fahrzeugbewerter mit 19 Jahren Erfahrung im Motorrad-Occasionsmarkt der Schweiz und Spezialisierung auf Kaufberatung und technische Zustandsbewertung.